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Berlin: Man gönnt sich ja sonst nichts

Mit 3500 Gästen feierte die „Tageszeitung“ im Tempodrom ihren 25. Geburtstag

In einer Redaktionskonferenz hatten die Frauen aus Protest gegen Macho-Texte schon mal ihre nackten Brüste gezeigt. Das ist lange her. Zur Feier ihres 25. Geburtstages gestern Abend im Tempodrom bat die „Tageszeitung“ – kurz „taz“ – ausdrücklich um Abendgarderobe. Natürlich hat sich kaum einer daran gehalten. Schließlich wurde die „taz“ gegründet, um anders zu sein. Allerdings, von den Partygästen gestern Abend waren wohl nur wenige bei der Geburt der linken Zeitung dabei. Die meisten erst um die 30 und wer älter ist, kleidet sich eben betont jung: Sonnenbrille und wahlweise Jeans mit Hemd aus der Hose oder modischer Nadelstreifenanzug, lässig zur Schau getragen.

Die 3500 Karten für die Party zu 15 Euro waren lange vorher ausverkauft. Jürgen Bereg hat sich rechtzeitig eine besorgt. Er hat früher selbst für die „taz“ geschrieben, heute verkauft er Immobilien. Es ist immer noch stolz auf die Zeitung. „Sie hat sich bis heute von keinem Konzern vereinnahmen lassen“, sagt er und schwärmt: „Wir hatten damals eine verdammt gute Zeit.“ Es ist wie in Gesprächen mit vielen anderen an diesem Abend auch – man weiß nie so genau, worauf die Ex-Tazler stolzer sind: Einmal dazugehört oder den Absprung geschafft und einen anständig bezahlten Job gefunden zu haben.

Beregs Tochter heißt Laura. Die „taz“ hat sie noch nie gelesen und wegen der ist sie sowieso nicht hier. Die 14-Jährige ist „Wir sind Helden“-Fan. Doof nur, dass die Gruppe erst um viertel nach elf spielt, sagt sie. Meckern will die Schülerin aber nicht, schließlich kommen alle Jugendlichen bis 15 Jahren bei der Jubiläumsparty umsonst rein. Um halb acht ist bereits viel los im Tempodrom. Um die Essen- und Trinken-Stände haben sich Menschentrauben gebildet. Es gibt Würtschen für 2,50 Euro, Bier für 2 Euro oder Caipirinha für 5,50.

Zur offiziellen Eröffnung um 21 Uhr hatten sich als prominente Gratulanten die Wunsch-Bundespräsidentin der SPD, Gesine Schwan, Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit und Fernsehmoderator Jörg Thadeusz angekündigt. Anschließend standen ein Tanzchor und ein Improvisationstheater auf dem Programm. In Nebenräumen laufen den ganzen Abend alte Filme über die „taz“-Gründung. Nach „Wir sind Helden“ sollte um 0.15 Uhr die Band „Fehlfarben“ spielen. Die waren mit ihrem Hit „Ein Jahr“ Anfang der achtziger Jahre in den Hitparaden, als die „taz“ ganz neu auf dem Markt war. Ein Auftritt der HipHop-Band „Beginner“ stand um 1.15 Uhr an.

Ein üppiges Programm, nicht ganz billig. Wieviel die Party kosten wird, wollte gestern Abend keiner verraten. „taz“-Geschäftsführer Andreas Bull schätzt, dass die Zeitung am Ende wohl „50000 bis 80000 Euro“ hinlegen müsse. „Die Geburtstagsparty ist ganz klar eine Kampagne“, sagt Bull. Damit werde in großem Maße Öffentlichkeit hergestellt und um neue Leser geworben. Deshalb komme das Geld auch aus dem Marketing-Budget.

Etwas „taz“-Unübliches, weil recht Elitäres, haben sich die Zeitungsmacher gestern Abend übrigens gegönnt: Es gab einen VIP-Bereich. Nur für Anzeigenkunden. Das Geld für die Party muss ja wieder reinkommen.

Juris Lempfert

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