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Berlin: Manche frühere Leinwand ist heute schon vergessen

Sic transit gloria mundi! Die alten Lateiner hatten schon Recht, nichts ist so vergänglich wie der Glanz dieser Welt.

Sic transit gloria mundi! Die alten Lateiner hatten schon Recht, nichts ist so vergänglich wie der Glanz dieser Welt. Das sollte man sich noch einmal kurz vor Augen halten, bevor die alljährliche Glamourflut über uns hinwegrollt. Ja, gedenken wir der Orte, die einst teilhatten an der Funkelwelt der Internationalen Filmfestspiele Berlin, die diesen Rang aber längst wieder verloren haben und ihr Leben als Spielstätte womöglich gleich mit. Ja, erinnern wir uns zuerst des Gloria. Der eine oder andere Neu-Berliner lässt sich wohl noch heute von diesem alten Kinoort am Kurfürstendamm anlocken, er weiß es halt nicht besser, und der deutlich aus vergangenen Jahrzehnten stammende Schriftzug ist ja auch nicht zu übersehen. Mit dem Glanz war es im August 1998 endgültig vorbei, den Abriss des denkmalgeschützten, laut Landeskonservator vom "Kunstwollen der 50er Jahre" zeugenden Gloria wenige Jahre zuvor hatte die Spielstätte überstanden, sie war halbwegs vorbildsgetreu, wenngleich gedreht wiederaufgebaut worden, aber der Markt spielte nicht mit: Das war das Ende für ein Stück Berlinale-Geschichte, war doch das Gloria in den frühen Fünfzigern wiederholt Hauptspielstätte gewesen, und noch in den Siebzigern und Achtzigern tauchte es in vorderster Reihe in den Programmheften auf.

Die müsste man, will man es ganz genau wissen, einmal auswerten, wo überall und wie lange die Berlinale eine Heimstatt gefunden hatte. Bei den Festspielen selbst existiert so eine Liste nicht, auch weist deren Sammlung der Programmhefte in den frühen Jahren Lücken auf. Verbürgt ist der Anfang: Am 6. Juni 1951 werden die ersten Berliner Filmfestspiele im Steglitzer Titania-Palast an der Schlossstraße eröffnet. Der Glanz war nur von kurzer Dauer, zwei Jahrzehnte später sollte man dem einstigen Großkino die Kultur ganz und gar austreiben. Erst vor wenigen Jahren wurde dort wieder ein Kinocenter, spezialisiert auf Popcornfilme, eröffnet.

Zweiter Spielort war im Sommer 1951 die Waldbühne gewesen, mittlerweile Berlins beliebteste Open-air-Bühne, mit regelmäßigen Kinoveranstaltungen, darunter als running gag die "Rocky Horror Picture Show". Der traditionsreiche Marmorpalast am Kurfürstendamm war in der ersten Festivalzeit ebenfalls unter den Spielorten gewesen, nach der umfangreichen Renovierung vor wenigen Jahren stehen seine Überlebenschancen nicht schlecht. Schon anders sieht es mit der Filmbühne Wien aus, Anfang der Fünfziger Hauptspielort des Filmfests. Nach Branchengerüchten wird das Haus noch in diesem Jahr dichtgemacht, ein Schicksal, das dem nahen Astor und dem Film-Palast, noch im letzten Jahr unter den Berlinale-Spielorten, bis auf Weiteres erspart bleiben dürfte.

Wer nennt die Namen, zählt die Orte? Traditionsreiche wie das Cinema Paris oder das Capitol in Dahlem. Berühmte wie die Kongresshalle, in den Fünfzigern mehrfach Ort der Eröffnungsfeier und dann vor wenigen Jahren wieder Pressezentrum. Vergessene wie das BLT, wo heute der Wintergarten sitzt. Wie andere West-Berliner Randkinos, das Corso-Theater am Gesundbrunnen oder der Metro-Palast in Neukölln, war das Kino in der Potsdamer Straße vor dem Mauerbau besonders den Ost-Berliner Gästen vorbehalten. Mit dem Mauerfall, knapp drei Jahrzehnte später, war zugleich das Ende der traditionellen Strukturen eingeläutet. Der Zoo-Palast, dieser solide Bau aus den Fünzigern, als Visitenkarte für die schillernde Zukunft? Also wissense, nee, also wissense.

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