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Zuletzt provozierte er durch ein Plakat. "Gas geben!" ist dort zu lesen, NPD-Chef Udo Voigt ist auf seinem Motorrad abgelichtet.

© David Ebener

Rechtsextremismus: Mandat zur Provokation

Fünf Jahre war die rechtsextreme NPD in vier Rathäusern vertreten. Ihre Verordneten glänzten durch Abwesenheit – und fielen eher durch Krawall als durch Politik auf.

Die Waffen-SS sei „bis zum letzten Tag ihrer Pflicht nachgekommen“, lobt NPD-Parteichef Udo Voigt im März 2010 in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick Hitlers Elitetruppe. Die demokratischen Parteien reagieren empört, die Linksfraktion stellt Anzeige. Es ist ein typisches Beispiel für die Auftritte der Rechtsextremen in den BVVen von Lichtenberg, Neukölln, Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf. Sie setzen neben kommunalpolitischen Anträgen vor allem auf Provokation.

2006 zogen überraschend elf NPD-Kandidaten in die vier Bezirke ein. Mit 6,4 Prozent der Stimmen in Marzahn-Hellersdorf und 5,9 in Lichtenberg lagen sie noch vor FDP und Grünen. Nur in Neukölln konnte die für den Fraktionsstatus nötige Anzahl von drei Verordneten nicht erreicht werden. In Pankow schaffte es zudem ein Mitglied der Republikaner in die BVV.

Fünf Jahre danach ist der Landesverband eine Trümmertruppe – heillos zerstritten und personell desolat. Bei den Wahlen werden es die Rechtsextremen ungleich schwerer haben als in Mecklenburg-Vorpommern, wo die NPD am Sonntag mit sechs Prozent erneut in den Landtag einzog.

Bei der letzten Sitzung der Lichtenberger BVV Ende August erscheint Manuela Tönhardt als Einzige von drei NPD-Verordneten. Weit ab von den demokratischen Parteien sitzt sie allein an ihrem Tisch. Die 1952 geborene Tönhardt ist eine der wenigen aktiven Frauen in der Berliner NPD.

„Als Kommunalpolitiker haben die völlig versagt“, sagt Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linke). Die Ausgrenzung der Rechtsextremen habe gut funktioniert. „Es ist der NPD nicht gelungen sich als normale Partei darzustellen.“ Nach dem vereinbarten „Demokratischen Konsens“ werden in allen BVVen die NPD-Anträge grundsätzlich abgelehnt, eine Antwort kommt jeweils nur von einer demokratischen Partei.

„Ja, wir brauchen breite Schultern und einen unerschütterlichen Glauben an unser Tun im Interesse unseres Vaterlandes“, schreibt Manuela Tönhardt trotzig auf der NPD-Webseite. Als knapp 20 linke Aktivisten in den Saal kommen, liest sie angestrengt weiter in ihren Unterlagen. Die jungen Leute halten ein Transparent mit der Aufschrift „Winke, Winke NPD!“. „Fünf Jahre NPD in der BVV sind genug“, steht auf den Flugblättern, die sie den Politikern auf die Tische legen. Tatsächlich wird es schwierig für die NPD ihr letztes Wahlergebnis von 2,6 Prozent für das Abgeordnetenhaus zu halten. Möglicherweise wird sie in keiner BVV mehr eine Fraktion bilden, sondern nur einzelne Verordnete stellen.

Lesen Sie auf Seite zwei, wie sich die NPD in den vergangen Jahren zerstritten hat.

„Es geht ihnen mehr um die eigene Inszenierung als um kleinteilige kommunale Arbeit“, sagt Annika Eckel von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. In den Ausschüssen sei die NPD kaum aktiv, wichtig sei ihnen die medienwirksame Provokation in den öffentlichen Sitzungen. Wortgleich stellte die Partei gleich nach der Wahl in allen Bezirken den Antrag einen „Ausländerrückführungsbeauftragten“ zu benennen. 2007 bezeichnete der NPD-Abgeordnete Jörg Hähnel die Erschießung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als „Akt des Demokratieerhalts“. Er beantragte einen Platz nach Waldemar Pabst, dem Auftraggeber der Morde, zu benennen. „Das war eine richtige Unverschämtheit“, erinnert sich Emmrich. Hähnel wurde zu einer Geldstrafe wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ verurteilt. „Es bleibt deshalb wichtig, nicht nur gegen die NPD zu stimmen, sondern sich auch immer wieder aufs Neue mit ihrer Ideologie auseinanderzusetzen“, sagt Eckel.

Doch am häufigsten scheitern die NPD-Politiker an sich selbst. Zwei der drei Fraktionen brachen auseinander. 2008 verließ der NPD-Verordnete Wolfgang-Dieter Chieduch wegen interner Streitigkeiten die NPD-Fraktion in Marzahn-Hellersdorf, 2010 folgte ihm das damalige DVU-Mitglied Torsten Meyer in Lichtenberg. Jetzt treten Chieduch und Meyer für die ultrarechte Partei Pro Deutschland an. In Neukölln trat der Verordnete Thomas Vierk aus der NPD aus, so dass sein Parteikollege Jan Sturm jetzt allein im Rathaus sitzt.

Die größte Gefahr für die NPD kommt bei dieser Wahl nicht aus dem demokratischen Lager, sondern von der Konkurrenz aus der rechten Ecke. Die Partei „Die Freiheit“ und „Pro Deutschland“ drohen der NPD wichtige Wähler abzuziehen, denen der neonazistische Kurs der Partei zu extrem ist. Eine Wahlniederlage könnte auch Auswirkungen auf die Bundes-NPD haben. Sollte es dem langjährigen Parteichef Udo Voigt nicht gelingen, erneut in Fraktionsstärke in Treptow-Köpenick einzuziehen, kommt er gegenüber der Parteibasis in Erklärungsnot.

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