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Berlin: Marode Schulen: Eltern sammeln für Sanierung

Mängel gehen inzwischen an die Substanz der Gebäude. Spendenaktion ist angelaufen

Manchmal wissen die Eltern nicht, was sie am schlimmsten finden sollen: Ist es das trostlose Klassenzimmer, der Schimmel im Musikraum, die mit Klebeband geflickte Fensterscheibe oder doch die verstopfte Toilette?

An der Steglitzer Dunant-Grundschule fällt die Antwort nicht so schwer: Hier ist es vor allem der dunkle, beschmierte Durchgang zum Hof, der Eltern aufbringt und Schüler verängstigt: „Ich war zutiefst schockiert, als ich unsere Schule gesehen habe“, erzählt Christine Dissmann, die Mutter eines Erstklässlers. Mit anderen Eltern von insgesamt 14 Schulen nimmt sie an der bis Mittwoch dauernden Aktion „Tulpen für Tische“ teil, die ein wenig Geld in die Schulen bringen soll.

Bereits der Verkaufsbeginn am Wochenende war ein großer Erfolg. „Unsere Tulpen sind fast ausverkauft“, berichtet Astrid Lohss von der Steglitzer Rothenburg-Grundschule. Als Architektin war sie derart entsetzt über die Tristesse ihrer Schule, dass sie die Benefizaktion ins Leben rief: Schüler, Lehrer und Eltern verteilen rund um den Valentinstag gegen Spenden 8000 gesponserte Tulpen und Süßigkeiten, um Möbel, Farbe oder Gardinen anschaffen zu können. Lohss hofft, dass durch Aktionen wie „Tulpen für Tische“ das Augenmerk mehr auf die zum Teil „menschenunwürdigen Zustände“ an den Schulen gelenkt wird.

Der Geldmangel wird immer sichtbarer. Waren es früher nur die Klassenzimmer, die mit Hilfe der Eltern rasch gestrichen werden konnten, gehen die Mängel jetzt stärker an die Substanz, weil seit rund 15 Jahren gespart wird. „Wir haben dringenden Sanierungsbedarf von 25 Millionen Euro, bekommen aber nur 3,4 Millionen pro Jahr für 62 Schulen, berichtet Erik Schrader, FDP-Volksbildungsstadtrat in Steglitz-Zehlendorf.

Auch die Architektenkammer ist entsetzt über den Zustand an vielen Schulen. Im Rahmen ihres Projektes „Architektur und Schule“ hat sie bereits an rund 30 Schulen mit tausenden Schülern über die Bedeutung der „gebauten Umwelt“ gesprochen. Am Tiergartener Menzel-Gymnasium bat die Architektin Theresa Keilhacker Zehntklässler, ihre Schule unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten zu bewerten. Die aufgestellte Mängelliste reicht von defekten Fahrstühlen und Klimaanlagen über zugige, erblindete Fenster, undichte Decken bis zu kaputten Böden.

Zahlreiche Leser reagierten auf den Aufruf des Tagesspiegels, Beispiele für marode Schulen einzusenden. Da heißt es über die Grundschule am Karpfenteich (Lichterfelde), das nur teilsanierte Dach sei undicht, ebenso einige Fenster, die Außenjalousien defekt. Eine Mutter der Halensee-Grundschule berichtet, dass sie mit Kalkreiniger und Bürsten anrücken musste, damit die Toilette ohne Ekel benutzbar war. Die Otto-Wels- Grundschule (Kreuzberg) klagt über „verwahrloste“ Treppenhäuser.

Die Dunant-Grundschule will jetzt gegensteuern: Eltern haben eine „Kunstbauwerkstatt“ gegründet, in der Ideen für eine Verschönerung der Schule und für die Sponsorensuche gesammelt werden. Am Freitag werden bereits die ersten Ergebnisse des Ideenwettbewerbs vorgestellt und prämiert.

Kennen Sie Beispiele für marode Schulen? Schreiben Sie an abi@tagesspiegel.de

Etliche Schulen setzen am heutigen Valentinstag ihre Spendenaktion „Tulpen für Tische“ fort. Einige bleiben dabei in ihren eigenen Räumen, andere gehen raus:

Rothenburg-Schule :

11 bis 16 Uhr im und am Steglitzer Kreisel.

Grundschule am Teutoburger Platz:

15-18 Uhr Flohmarkt Arkonaplatz u.Mauerpark.

Menzel-Gymnasium: 15-18 Uhr Hardenbergstraße/Ecke

Knesebeckstraße.

Leuschner-

Hauptschule:

9-14 Uhr Altstadt und Neustadt Spandau.

Spendenkonto

bis Ostern:

Tulpen für Tische, Berliner Volksbank,

Kto.Nr. 33 022 700 22, BLZ 100 900 00. sve

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