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Berlin: Matchball im Wellenbad

Ein Rundgang durch das SEZ: In den einstigen Schwimmbecken werden künftig Badminton und Volleyball gespielt. Im Herbst soll der Fitness-Bereich fertig sein

„Eh, macht die Löcher für den Zaun nicht noch tiefer!“, ruft Rainer Löhnitz durch den Garten des Sport- und Erholungszentrums SEZ an der Landsberger Allee. Die Bauleute gucken betreten, der Chef murrt: „Ja, ja, wenn die Erde so schön weich ist, gräbt man halt ein bisschen tiefer und denkt nicht dran, was der zusätzliche Beton kostet, der dann da rein muss.“

Es steckt viel Symbolik in dieser Szene, die sich soeben im Park von Berlins einst größtem Freizeitzentrum abgespielt hat. Die Bäderbetriebe hatten das SEZ Ende 2002 geschlossen, nachdem das Land den Jahreszuschuss von knapp fünf Millionen Euro gestrichen hatte. Die Meridian-Spa-Gruppe wollte es abreißen und durch einen Wellnesstempel ersetzen. Doch das Land verkaufte es für einen Euro an Löhnitz, der bereits in Leipzig eine Schwimmhalle zum Sportzentrum umgebaut hat und gleichzeitig Investor, Manager und Vorarbeiter ist. Seit etwa 1000 Tagen arbeitet er sich durchs SEZ – und gräbt dabei nie tiefer als nötig.

Die Sporthalle und den Bowlingkeller hat er schon nach wenigen Wochen wiedereröffnet – ohne Luxusumbauten, aber zu günstigen Preisen. Von dem zu DDR-Zeiten berühmten Wellenbad hat er sich dagegen verabschiedet. Das Becken in der lichtdurchfluteten Schwimmhalle lässt er gerade mit Belag für Badmintonplätze und Tischtennisplatten auskleiden. Es bot sich an, weil die vorhandenen Plätze in der Sporthalle oft Wochen im Voraus ausgebucht sind und weil er findet, dass das staatlich subventionierte Bad am nahen S-Bahnhof Landsberger Allee ausreicht. Falls sich die Zeiten und Trends doch wieder ändern, kann er die Badmintonplätze auch wieder aus dem Becken entfernen. Die Fliesen hat er deshalb lieber nicht angebohrt. Ebenso wenig das große Ex-Schwimmbecken nebenan in derselben Halle, in das seine Handwerker einen Volleyballplatz eingebaut haben. Ein drittes, kleineres Becken soll wieder mit Wasser gefüllt werden. Daneben will er 50 Fitnessgeräte stellen.

Auf einer Art Landzunge am ehemaligen Beckenrand will Löhnitz ein Tonstudio installieren, damit Radiostationen eines Tages live von hier senden können. Er träumt von großen Partys. Und wenn die Massen ausbleiben? Schulterzucken: „Was hier steht, ist auch bezahlt. Insofern muss mich das nicht interessieren.“ Das Center in Leipzig laufe „super“; mehr ist zum Thema Geld nicht zu erfahren.

Mit dem Gang des ehemaligen Leistungssportlers läuft der 43-Jährige über die Galerie oben in der Halle. Von hier könne man beim Reinkommen das Publikum abchecken, was in Fitnessstudios ganz wichtig sei: „Sind hier normale Leute drin oder nur getunte?“, sei die Frage. Wer das Publikum länger betrachten will, soll sich auf einem Sofa niederlassen können. „Im Herbst ist das fertig“, sagt Löhnitz im Weitergehen.

Bald fertig sind auch die 400 Umkleideschränke, die Löhnitz in den Keller bauen lässt. Noch gibt es nur die alten, verkeimten Umkleiden neben der Sporthalle. Löhnitz hat sie einfach in Betrieb gelassen – sie gingen ja noch.

Die Runde durchs SEZ gleicht eher einer Wanderung. Sie führt durch den bis auf die tragenden Wände freigelegten Keller, in dem ein Bauarbeiter bei Kofferradiomusik einen Türrahmen anpinselt. Hier unten will Löhnitz bis zum Herbst ein weiteres Becken, auch für Behinderte und zu Therapien, in Betrieb nehmen. Die Wiederherstellung von Bademöglichkeiten hatte ihm das Land in den Kaufvertrag geschrieben. Löhnitz sieht sich auf der sicheren Seite, zumal er demnächst auch wieder Wasser ins Außenbecken einlassen will. Ab dem übernächsten Winter will er es außerdem heizen.

Die Dekoration für den ewigen Sommer hat er schon liefern lassen: mehr als mannshohe Orangenbäume und ein uralter, knorriger Olivenbaum stehen in Kübeln herum. Löhnitz ist nach Spanien geflogen, um die Pflanzen auszusuchen. An einem Tag hin, am nächsten zurück. Urlaub ist seine Sache nicht. Gut, manchmal hängt er sein Segelboot an den zerschrammten Mercedes-Kombi und fährt für einen Tag an die Ostsee. Sonst parkt der Bootswagen zwischen Baustoffen auf der ehemaligen Eislaufbahn. Die sollte ursprünglich längst wieder in Betrieb sein, ist dann aber doch von der Prioritätenliste gerutscht. Wichtiger ist Löhnitz die Schreinerei nebenan, in der schon die ersten Maschinen stehen: „Darstellende Kunst mit Möbeln zu verbinden – diese Idee habe ich schon lange in der Schublade“, sagt er. Und eilt weiter.

50 000 Quadratmeter groß ist der Park hinterm Haus, der in den Volkspark Friedrichshain übergeht. Löhnitz hat ein Tor eingebaut, Sträucher gepflanzt, Beachvolleyballfelder und einen Biergarten eingerichtet. Daneben steht das dreistöckige Verwaltungsgebäude, für das Löhnitz ebenfalls schon Pläne hat. Verraten will er sie noch nicht. Wie es aussieht, wird ihn das SEZ wohl den Rest seines Lebens beschäftigen.

Infos und Reservierung: 400 48 90

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