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Berlin: Matrosen inklusive Luftballons für alle

Neun Schüler proben im Schauspielhaus Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ Um Nena gibt es keine Generationenkontroverse. Zum Konzert erscheinen Eltern mit ihren Kindern

Die Gaze vor der Bühne schafft Distanz, legt sich wie ein Spinnennetz über die hell erleuchteten Darsteller. Der kleine Saal ist fast leer, nur vereinzelt ist ein Platz mit einem stirnrunzelnden Block- und Bleistiftträger besetzt. 18 Hände formen eine Erde, tänzeln aneinander vorbei, recken sich gen Himmel. „Gebt euren Atem weiter an die Situation, setzt Impulse da, wo sie nötig sind", sagt Wolfram von Bodecker.

Die neun Darsteller sind keine Profi-Schauspieler oder Tänzer, sondern neun Schüler aus der ganzen Stadt. „Open your Ears“, heißt es nun schon im vierten Jahr im Schauspielhaus. Die Initiative soll Schüler an Neue Musik heranführen. In diesem Jahr ist es Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“. Die Jugendlichen im Alter von 16 bis 21 Jahren gestalten mit professionellen Musikern ein Konzert, in diesem Fall bedeutet das die Inszenierung des Stücks von Strawinsky und Charles-Ferdinand Ramuz. Die professionellen Musiker sind das Ensemble Modern, dirigiert von Hermann Bäumer. „Es sind sehr universelle Bilder, die wir umsetzen wollen“, sagt Wolfram von Bodecker, der zusammen mit Mirella Weingarten das Bühnenkonzept erarbeitet hat und Regie führt.

Die Handlung: In Faustscher Manier tauscht ein Soldat im Fronturlaub seine Geige, eine Metapher für die Seele, gegen ein Buch, dass ihm die Zukunft voraussagt und damit reich machen wird. Strawinskys Bühnenstück ist für ein kleines Ensemble konzipiert. 1918 entstanden, sollte es Strawinsky und seinem Freund Ramuz aus einem finanziellen Engpass helfen. Den schauspielerischen und tänzerischen Part übernehmen die Schüler. „Wir haben hier eine Art Schulklasse. Deshalb wollen wir das Stück wie ein sepiafarbenes Schulfoto aus den 20ern aussehen lassen,“ sagt Mirella Weingarten. Matrosenanzüge inklusive.

Aufführung im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt am 1. April um 19 Uhr .

Von Lars von Törne

Die Nena-Fans mit der größten Ausdauer waren noch nicht auf der Welt, als Nena berühmt wurde – vor 20 Jahren ist sie erstmals auf die Bühne gestiegen. Seit halb drei am Nachmittag stehen die 14-jährige Josephine und ihre gleichaltrige Freundin Julia vorn, am Eingang zur Berlin-Arena im Velodrom. „Wir wollen unbedingt in die erste Reihe kommen“, sagt Josephine, während sie vor Aufregung die Hand ihrer Freundin ganz fest hält. So richtige Nena-Fans sind sie zwar erst seit einem Jahr, „aber unsere Eltern hören die Musik, seit ich mich erinnern kann“. Obwohl sie sonst eher auf Techno- und Trance-Musik stehen, begeistert die beiden Marzahnerinnen an Nena vor allem, „dass sie trotz ihres Erfolges auf dem Teppich geblieben ist“.

Auch die übrigen 10 000 Nena-Fans, die am Abend ins Velodrom strömen, zeigen, dass es um Nena keine Generationenkontroverse gibt. Es ist ein Familienkonzert, fast schon wie bei den Rolling Stones – nur die über 50-Jährigen sind noch rar. Nena hat drei Tage zuvor ihre Tour zum Bühnenjubiläum begonnen, und sie wird auch in Berlin all ihre Hits von damals singen. Auch den von den 99 Luftballons, ein Friedenslied, bei dem die Leute in diesen Tagen besonders laut mitsingen.

Für den 49-jährigen Norbert Genehr geht ein Traum in Erfüllung, wie er sagt. „Ich bin seit den frühen Achtzigern Nena-Fan. Aber damals in der DDR gab es ja keine Chance, sie mal live zu sehen.“ So hat der Elektriker auch gleich seine 19-jährige Tochter Wiebke mitgebracht.

Einige Fans haben sich für diesen Abend wie Nena zurechtgemacht. „Ich arbeite hart daran, dass es genau so aussieht wie bei ihr“, sagt die 43-jährige Martina, die ihre braunen Haare mit weißer und roter Farbe colouriert und hochtoupiert hat. Der Sängerin fühlt sie sich besonders verbunden: „Ich bin mit ihr groß geworden, bin genauso alt wie sie. Und man sieht es uns beiden nicht an.“ Sagt’s und verschwindet in den vorderen Reihen der Arena. Dort werfen sich die Fans schonmal ein paar Luftballons zu. 99 sind’s noch nicht sein, aber nachher, während der Show, werden bestimmt viel, viel mehr von der Decke segeln.

M. Schultheiss

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