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Die "Terrassen am Zoo" wurden neu gestaltet.

© dpa

Matthies meint: Blau ist die Zukunft der Zooterrassen

Blau wurde gewählt für die frisch aufgemöbelten "Terrassen am Zoo". Bernd Matthies erklärt, was es mit dieser besonderen Farbe auf sich hat.

Blau. Taubenblau! Eine komische Farbe – gehört die nicht irgendwie ins 20. Jahrhundert? Als die Architekten noch ab und zu anderes verwenden durften als Sandstein, Granit und Glas? Und wie kommt diese Farbe jetzt auf die frisch aufgemöbelten „Terrassen am Zoo“? Und wie schaut das denn aus?

Ungewöhnlich. Wie wir ja schon wiederholt berichtet haben, wurde die Farbe deshalb gewählt, weil sie nach Abtragen aller anderen Schichten ganz unten übrig geblieben war – also als Originalfarbe enttarnt wurde. 1957 eröffnete das erste Restaurant im langen Anbau der Bahnhofsfassade, damals mit Kollege-kommt-gleich, internationaler Küche und gem. Salat, wie man das eben so hatte und schätzte. Dennoch ist es schwer, jemanden zu finden, der dort tatsächlich mal was gegessen hat – der West-Berliner der Mauerzeit nahm Butterstullen mit, bevor er direkt in den Interzonenzug sprang.

Ist Blau das neue Braun?

Nun hat McDonald’s Platz genommen in den Terrassen und probiert tatsächlich ein Service-Konzept aus, allerdings neuzeitlich aufgemöbelt mit allerhand Computerei. Draußen also blau. Komisch – was ist los mit dieser Farbe? In der Natur kommt sie eher selten vor, selbst die blaue Blume der Romantik ist dem Dichter Novalis ja im Traum erschienen. Neuerdings werden Wildschweine in der Nacht sogar mit blauem Gefunkel davon abgehalten, sich vors Auto zu stürzen.

Im deutschen Parteienspektrum war Blau immer unbeliebt, wurde von der FDP nur halbherzig verwendet und erst mit Gelb, neuerdings auch mit Magenta-Rot abgesetzt – mit der Folge, dass es nun von der AfD wie von der österreichischen FPÖ als Symbol des Rechtspopulismus eingesetzt werden kann. Blau, hört man gelegentlich in böser Absicht, sei das neue Braun.

Eine traurige Reminiszenz an die Fünfziger Jahre

„Blau“ ist ein fast vergessenes Synonym für „stockbesoffen“, blau ist die Farbe, mit der die hiesige Polizei ihre Autorität besser zu sichern hofft als mit dem lange üblichen Grün. Und dort, wo Blau rundum positive Assoziationen weckt, nämlich beim ferienbedingten Badewasser, handelt es sich streng genommen eigentlich um Türkis, weiß der Teufel, wie die Leute am Mittelmeer das richten.

Bleibt der Himmel, der uns in reintönigem Blau am liebsten ist, einer Farbe, die er auch in Berlin ab und zu mal vorführt. Es kann also sein, dass die neue blaue Seite des Bahnhofs Zoo eine traurige Reminiszenz an die Fünfziger Jahre bleibt, in denen ihr offenbar auch keine lange, glückliche Zeit beschieden war – oder aber ein Blick in eine neue, farbige Zukunft. Denn schließlich ist der Bahnhof Zoo ja auch der Hauptbahnhof der Herzen und steht vor einer glänzenden Karriere. Jedenfalls bilden wir West-Nostalgiker uns das ein, beim Blick durch die rosarote Brille...

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