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Eine Stadt braucht auch Zäune, zum Beispiel für den Berlin-Marathon.

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Matthies meint: Fragen Sie Ihren Zaundienstleister

Die Freiheit braucht Grenzen, auch in Berlin. Deshalb gibt es in dieser Stadt ein neues Berufsbild mit Zukunft: den Zaundienstleister. Eine Glosse

Ja, die Freiheit braucht Grenzen, sonst heißt sie Anarchie und führt uns in eine Art ewiges Kreuzberg – und das ist den wenigsten Menschen außerhalb Kreuzbergs wirklich angenehm. Doch diese Grenzen sind vielgestaltig, es gibt sie in gesetzlicher und moralischer Ausführung, als gedachte Linie im Wald und als ganz banalen Drahtzaun. Fehlt ein solcher Zaun, dann vermischen sich Draußen und Drinnen zu einer komplexen, sicherheitsmäßig kaum beherrschbaren ...

Konkreter? Gern. In Berlin zum Beispiel werden die Straßenfeste größer und größer, stoßen praktisch aneinander. Das bedeutet, dass auch die Zäune, die aus einem Haufen Leute erst ein wohldefiniertes Fest machen, immer höher und stabiler werden müssen, bis sie niemand mehr bezahlen kann. Das in wenigen Jahren vermutlich weltberühmte Umweltfestival der „Grünen Liga“ geriet darüber in Gefahr – bis nun ein Kompromiss gefunden wurde.

Das Nonplusultra ist der G-8-Zaun

Dazu müssen wir wissen, dass es viele Arten Zaun gibt. Das Nonplusultra ist der „G-8-Zaun“, ein hohes und stabiles Ding, quasi Nordkorea, nur ohne Hochspannung und Selbstschüsse; man wird annehmen dürfen, dass der G-7-Zaun, Typ Elmau, nicht viel anders aussieht. Für die Grüne Liga ist das finanziell nicht machbar, für sie gibt es den „aufgewerteten Bauzaun“, der den normalen Bauzaun an Standsicherheit und Engmaschigkeit weit übertrifft – man benutzt ihn, wenn die Menschenmenge zwar mit fester Hand gelenkt, aber nicht interniert werden soll. Drunter gäbe es nur eben den normalen Bauzaun, der die Leute von Geländen fernhält, auf die sie ohnehin nicht wollen, und die rot-weißen Absperrgitter, die meist planlos in der Innenstadt herumstehen und zur Berliner Demo-Folklore gehören wie Wannen und Bullen.

Derlei Probleme haben ein neues Berufsbild geschaffen: den „Zaundienstleister“. Er kanalisiert Frohsinn und Empörung, weiß immer, ob die Bösen von drinnen nach draußen wollen oder umgekehrt, und er kalkuliert seine Tarife mit Herz, je nachdem, ob er knuffig gemeinnütziges Treiben beschützen soll oder öden Chinapfannen-Kommerz.

Ein Beruf mit Zukunft! Denn so, wie sich Berlin entwickelt, wird es bald mit festen Zäunen in permanente Nutzungsbereiche eingeteilt werden, in Fanmeilen, sonstige Bespaßungszonen, DemoPlätze und einfache Rumsteh-Areale. Das sieht nicht schön aus, erhöht aber den Nutzwert der Metropole enorm. Und immerhin hat ja niemand die Absicht, eine Mauer zu bauen.

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