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Mauerfall Bernauer Straße

© ddp

Maueröffnung: „Erinnerung darf nicht verschwinden“

An der Bernauer Straße gedachte Matthias Platzeck des Mauerfalls. Seine Erinnerungen waren persönlich-politischer Natur. Zahlreiche Politiker und Zeitzeugen nahmen an der Feier teil.

Als der kalte Wind den Besuchern der Mauergedenkstätte eiskalt um die Ohren pfiff, sagte Frank Henkel, der CDU-Generalsekretär: „So war das vor 18 Jahren auch.“ Damals sei er im dicken Pullover, darüber ein Jackett, unterwegs gewesen, habe gefroren und doch nichts verpassen wollen. Heute, am Jahrestag der Öffnung der Berliner Mauer, haben die Gedenkveranstaltungen schon fast Tradition. Wie Routine wirken sie dennoch nicht.

Vielleicht liegt das daran, dass so viele Menschen so unterschiedliche Erinnerungen an diesen Tag haben. Vor der hochragenden Stahlplatte an der Bernauer Straße erinnerte Matthias Platzeck an den 9. November 1989, und auch er tat das auf eine persönlich-politische Weise. Der brandenburgische Ministerpräsident, der über „Bündnis 90“ zu den Sozialdemokraten gekommen ist, erzählte, er sei 1989 mehrfach in Ungarn gewesen. Schon den 1. Mai, den Tag der Arbeit, habe er nicht zu Hause, in der DDR, verbringen wollen: Noch einen der gewohnten Aufmärsche habe er sich nicht antun wollen. In Ungarn, damals noch ein sozialistisches Land, habe er die Veränderungen in Richtung Demokratie erlebt: Man habe sich aussuchen können, ob man zu einer kommunistischen, einer sozialdemokratischen oder einer grünen 1.-Mai-Demonstration gehen wollte. Dann folgte die Öffnung des Grenzzaunes zu Österreich – „die Ungarn wussten, dass sie damit Europa verändern würden“, sagte Platzeck, der in einem fast leeren Flugzeug zurückgeflogen war.

Der 9. November sei nicht wegen des Versprechers eines Politbüromitglieds – Günter Schabowski erklärte die Grenzen für geöffnet – zum Tag des Mauerfalls geworden. Dieser Tag im November sei vorbereitet worden durch die Politik Ungarns, durch die Solidarnosc-Bewegung in Polen, durch den Prager Frühling von 1968, durch das „Fanal“ der Ungarn 1956. „Zukunft braucht Herkunft“, sagte Platzeck – und dazu gehöre der Kampf für die Freiheit in Osteuropa. Deshalb dürfe nicht in Vergessenheit geraten, dass die Mauer gegen die Bewohner der DDR gerichtet war. Es sei „zweitrangig“, ob an der Mauer ein Mensch gestorben sei oder ob es hunderte waren. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Erinnerung daran langsam verschwindet.“ Sonst bekämen diejenigen, die die Geschichte umdeuten wollten, die Möglichkeit dazu.

Zuvor hatte Pfarrer Manfred Fischer in der Kapelle der Versöhnung auf dem Gelände der Gedenkstätte an die Kirche in der DDR erinnert. Sie habe die Menschen gemahnt, dass Freiheit immer eine Freiheit der Wahl sei, auch in der DDR. „Freiheit meint etwas anderes als Sorgenfreiheit, Wohlstand.“ Unter dem Dach der Kirchen hätten die Leute erfahren können, dass „jenseits der Plankommission noch etwas ist“. An der Gedenkveranstaltung nahmen außer dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit auch Parlamentspräsident Walter Momper und die Fraktionschefs Carola Bluhm (Linke), Friedbert Pflüger (CDU), Franziska Eichstätt-Bohlig (Grüne) und Martin Lindner (FDP) teil. wvb.

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