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Große Spielwiese.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berlin-Prenzlauer Berg: Die ersten Mauern stehen: Richtfest am Mauerpark

Der Mauerpark wächst. Ab Mai sollen neue Erholungsflächen entstehen und das Parkgebiet um sieben Hektar erweitert werden. Zugleich sind 700 neue Wohnungen geplant.

Auf den Stufen liegt eine leere Prosecco-Flasche neben ausgebrannten Böllern. Eine Läuferin zieht ihre Runden, ein Kamerateam dreht eine Szene. Weiter oben drehen junge Frauen die Hüften – Schwangerschaftsgymnastik. Temperaturen um den Gefrierpunkt ändern nichts daran: Der Mauerpark ist die wichtigste Outdoor-Spielwiese in Prenzlauer Berg.

Und weil der Kiez zu den bewegteren gehört, war 20 Jahre lang gestritten worden um die Zukunft der oft abgerockten weil meist gut besuchten Grünfläche Berlins. Und obwohl Bausenator Andreas Geisel (SPD) die Planung vor gut einem Jahr gegen den Willen des Bezirks an sich zog und die Erweiterung des Parks samt Bau von 700 Wohnungen mit der rot-schwarzen Mehrheit durchs Abgeordnetenhaus brachte, blieb der befürchtete ganz große Proteststurm aus.

Miriam Schubert ist mit zwei Hunden im Park unterwegs. „Am schlimmsten ist der viele Dreck“, sagt sie. Ja, der Flohmarkt sei vom Treffpunkt zur „Touriveranstaltung“ runtergekommen. „Geil“ sei der Mauerpark aber immer noch, mit „den Bands“ und so am Wochenende.

Bausenator muss liefern

Ein paar hundert Meter weiter nördlich fährt eine schwarze Dienstlimousine des Senats vor dem Rohbau Graunstraße 13 vor. Bausenator Geisel eilt in den Hof unmittelbar am Mauerpark, wo der Richtkranz hochgezogen wird. Die landeseigene Gesellschaft Degewo baut 104 Wohnungen und vermietet diese ab 6,50 Euro je Quadratmeter im Monat. Über die günstige Miete ist Geisel hocherfreut und auch darüber, dass die neuen Wohnungen in nur einem Jahr entstehen.

Denn der Bausenator muss liefern: 12 000 zusätzliche Wohnungen im vergangenen Jahr, das ist viel zu wenig, bei einem Zuzug von jährlich annähernd 50 000 Menschen. Zumal „nur Neubau“ die Wohnungsnot lindern kann, wie er selbst sagt. „Bezahlbaren Wohnungsbau“ brauche es, damit jeder in der Innenstadt wohnen kann. Das gehöre zur „Wahrheit“. Wobei dazu auch gehört, dass zurzeit fast nur private Bauträger bauen: teure und luxuriöse Wohnungen.

Umgestaltung geht voran

Gut voran geht es mit der Umgestaltung des Mauerparks: Im Mai kommen die Gärtner und Landschaftsplaner, beseitigen Gestrüpp, befestigen Wege, schaffen Grillplätze und werden so den Umfang des Parks fast verdoppeln. 15 statt bisher acht Hektar stehen dann zur Verfügung. Gewerbliche Flächen am Rande des Parks wandelt der Senat in Grünflächen um. Das Geld kommt teilweise von der Allianz Umweltstiftung (2,5 Millionen Euro) und teilweise aus der lukrativen Umwandlung von Grünflächen im Norden des Areals in Bauland.

39 000 Einwendungen hatte es gegen diese Pläne gegeben: Zu viele Wohnungen in zu hohen, dicht nebeneinanderstehenden Häusern hieß es. Sogar Berlins Pop-Poet Wladimir Kaminer setzte sich mit der „Mauerpark-Allianz“ gegen den geplanten Bau der 700 Wohnungen nördlich des Gleimtunnels durch die Groth-Gruppe ein – vergeblich.

Dichter und höher bauen

„Wir haben viele Freiflächen in der Stadt, wenn wir sie erhalten wollen, müssen wir dichter und höher bauen“, sagt Geisel. Sieben Geschosse wie an der Graunstraße etwa – sie könnten zum neuen Maßstab für Neubauten in Berlin werden, wo bisher fünf Etagen üblich waren.

Unterschrieben ist der Vertrag zwischen dem Land Berlin und den Investoren noch nicht, aber das ist Geisel zufolge nur noch Formsache. Ungeklärt ist noch, was mit dem baufälligen Gleimtunnel geschieht. Niemand will die Kosten für dessen Sanierung übernehmen.

Im Norden des Mauerparks hat der Investor bereits begonnen, das Gehölz zu roden und die Baustelle einzurichten. Nach Angaben der Groth-Gruppe sollen hier auf mehr als 40 000 Quadratmetern 190 Eigentumswohnungen, 120 geförderte Sozialwohnungen sowie 120 Mietwohnungen entstehen. Außerdem geplant: etwa 40 seniorenfreundliche Wohnungen und 200 Studentenapartments. Auch eine kleine Baugruppe kommt zum Zuge und baut zehn Wohnungen.

Druck auf Senat ist zu groß

„Wir können das Bauvorhaben nur noch begleiten, aber eigentlich nichts mehr tun“, sagt Hartmut Bräunlich, Sprecher der Mauerpark-Allianz. Gescheitert waren die Aktivisten zuletzt mit einer Klage gegen Bezirk und Senat, nachdem dieser das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans an sich gezogen hatte.

Denn der Bezirk hatte ein Bürgerbegehren gegen die Baupläne bereits genehmigt. Durch den Zugriff des Senats hätte die Initiative einen Volksentscheid initiieren müssen. In der Kürze der Zeit war dies nicht mehr zu leisten. „Wie man mit demokratischen Rechten der Bürger umgeht, ist beängstigend“, meint Bräunlich. Politiker forderten die Bürger immer wieder dazu auf, sich zu beteiligen, wenn es aber passiere, sei es unerwünscht.

Vermutlich ist der Druck auf den Senat, schnell Wohnungen für die wachsende Stadt zu schaffen, einfach zu groß. 15 000 Wohnungen will Geisel in diesem Jahr bauen. Für die Auseinandersetzung mit störrischen Bürgern bleibt da keine Zeit.

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