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McDonald's Kreuzberg

© dpa

McDonald’s: Neues Burgertum in Kreuzberg

Heute um 10:30 Uhr wurde die erste McDonald’s-Filiale in Kreuzberg eröffnet. Anwesend waren eine Handvoll Demonstranten, zahlreiche Polizisten und viele Medienvertreter. Für Aufsehen erregenden Protest war es da einfach zu voll.

Die neue Chefin ist im Stress und nicht zu sprechen. Nee, kein Wort, sorry! „Verstehen Sie doch, oder?“, sagt die Frau von McDonald’s. „Wir müssen die letzten Arbeiten erledigen.“ Der Sicherheitsmann guckt nun immer strenger, und jetzt solle man die staubige Baustelle von McDonald’s – „bitte“ – verlassen.

Die neue Chefin, die an diesem Donnerstag leider nicht zu sprechen ist, heißt Belgin Güzel. Sie ist 34 Jahre alt, wohnt in Neukölln, hat bereits in sieben Filialen des Konzerns gearbeitet. Heute übernimmt sie ihren achten Job bei McDonald’s – und es wird der heikelste sein. Belgin Güzel ist neue Filialleiterin der ersten McDonald’s-Filiale in Kreuzberg. „Sie ist reif für diesen Schritt“, teilt der Deutschlandsprecher Alexander Schramm aus dem fernen München mit. Auch er reist extra in den Wrangelkiez, denn ab 6 Uhr werden die Bauzäune um die neue Filiale entfernt. „So gegen 9 Uhr ist Eröffnung.“ Es wehen bunte Luftballons, das wird es auch schon sein an Show.

1280 Restaurants des Konzerns gibt es im Bundesgebiet – doch über kein anderes wurde je so gestritten wie über die Filiale im Wrangelkiez. 2,1 Millionen Euro hat der Konzern verbaut, 24 Stunden ist die Filiale offen, 50 Leute haben einen Job gefunden. Doch das zählte alles nicht bei einigen Anwohnern: „Kreuzberg isst anders!“, steht fett am Bauzaun. Es wird sogar mit Brandanschlägen gedroht („We will burn you down!“), es flogen in den vergangenen Wochen schon Steine und Farbbeutel. Deshalb sagt Konzernsprecher Schramm: „Wir haben einen eigenen Sicherheitsdienst.“ Auch die Polizei ist längst informiert, damit es ruhig bleibt.

Es gibt auch anderen Protest, zivileren. Der Leiter des benachbarten Oberstufenzentrums – das gleich auf der anderen Straßenseite liegt – erwartet, dass die Filiale für seine 6000 Schüler zu einer Art zweiten Kantine werden wird. „Leider“, wie Direktor Martin Stern sagt. Konsequenzen werde die Eröffnung vor allem für den Pächter der Mensa und der Cafeteria haben, sagt Stern. Viele Schüler würden wohl Burger und Cola der Suppe und Bratwurst vorziehen, trotz der „moderaten“ Preise in der Schule. Zweites großes Problem sei der Müll, der künftig in den Schulhof oder vor die Türen wehen könnte, sagt der Schulleiter. Eine „Protestbewegung“ gebe es in der Schule aber nicht. „Jeder Schüler muss selber wissen, was er isst.“

Vor einigen Monaten, als die ersten Bagger auf dem Areal neben der Post anrollten, hatte sich noch eine Kreuzberger Kampagne lautstark zu Wort gemeldet. Doch die Internetseite www.mcwiderstand.de ist seit Wochen nicht mehr aktualisiert worden. Bei der Polizei ist für heute keine Demonstration angemeldet. Und nicht einmal der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) will heute dort vorbeiradeln. In seinen Prinzipien ist der Altgrüne hart: „McDonald’s sollte woanders hingehen“, sagte er gestern noch einmal. Das hatte er schon im Mai gesagt, als er im Bundestag ein Treffen zwischen dem Konzern und der Bürgerinitiative arrangiert hatte. „Jeder hatte seinen Standpunkt dargelegt“, sagt der Grüne. Er befürchtet, dass der Konzern siegen wird: „Die subtile Werbung kommt doch gut an bei Kindern und Jugendlichen.“ Nur auf dem Generalanzeiger der Linken, der Internetseite „indymedia“ wird zu „buntem Protest“ aufgefordert – ein Organisator oder eine Uhrzeit wird aber nicht genannt.

McDonald’s will keinen Ärger, der Konzern will schlichtweg Geld verdienen. Es gibt Ausbildungsplätze, vernünftige Bezahlung, um das Müllproblem werde man sich auch kümmern, argumentiert der Konzern. Dass alles glatt läuft heute und in den kommenden Monaten, dafür soll die neue Chefin sorgen. Güzel sei türkisch-stämmig, in Berlin geboren und aufgewachsen, sie könne auch mal Sprachbarrieren überwinden, sagt McDonald’s- Sprecher Schramm. „Sie passt perfekt in unser Profil.“ Vorher hat sie übrigens am Potsdamer Platz gearbeitet. Und in der Karl-Marx-Straße in Neukölln. Es gibt entspanntere Gegenden.

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