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Media-Spree-Protest

© dpa

Mediaspree: Drei Kreuze für die Zukunft

Heute stimmen Friedrichshainer und Kreuzberger darüber ab, wie die Spreeufer bebaut werden sollen. Mindestens 27.400 Personen müssen sich an dem Bürgerentscheid beteiligen, damit er zumindest formal erfolgreich ist.

Drei Kreuze müssen die Kreuzberger und Friedrichshainer heute machen, um über nur ein Projekt abzustimmen. Und ob sie am Ende damit etwas erreichen, ist ungewiss. Wie bindend ihr Votum zur Zukunft der Spreeufer zwischen der Elsenbrücke und der Michaelbrücke sein wird, ist umstritten, denn beim Baurecht müssen Bürgerentscheide nicht zwingend beachtet werden – anders etwa als bei Straßenumbenennungen oder gebührenpflichtigen Parkzonen. Formal erfolgreich ist der Bürgerentscheid, wenn heute 15 Prozent (rund 27.400 Menschen) der über 180.000 Berechtigten abstimmen.

Pläne des Bezirksamtes sehen unter dem Stichwort „Mediaspree“ vor, die zahlreichen Brachflächen am Ufer mit Büros, Hotels und Wohngebäuden zu bebauen, die nur bis zu zehn Meter an die Spree heranreichen dürfen und so noch Platz für eine durchgehende Uferpromenade und zusätzliche kleine Parks lassen. Dagegen wehrt sich die Initiative „Mediasspree versenken“. 16 000 Menschen hatten mit ihrer Unterschrift ein Bürgerbegehren erzwungen. Die Initiative will einen 50 Meter breiten Uferstreifen schaffen, was nach Angaben des Bezirksamts insgesamt 164, 7 Millionen Euro kosten würde; vor allem wegen der dann fälligen Entschädigungen an die Grundstückseigentümer. Den 50-Meter-Streifen will der Bezirk nur dort schaffen, wo keine Entschädigungen fällig werden. Ob die Berechnungen zu den Kosten so stimmen, ist allerdings umstritten.

Die Mediaspree-Gegner fordern außerdem, zwischen der Stadtbahn und der Köpenicker/Schlesischen Straße auf den Bau von Hochhäusern zu verzichten. Die künstliche Initiierung einer „Boomtown“ passe nicht in den Bezirk und sei auch aus umwelt- und sozialpolitischen Gründen abzulehnen. Hier haben die Bezirksverordneten bereits zum Teil nachgegeben: am Kreuzberger Ufer soll es keine Hochhäuser geben und auch auf ein in den Himmel ragendes Gebäude am Osthafen in Friedrichshain haben sie verzichtet.

Zudem sollen die Bürger noch über den Bau einer Brücke entscheiden. Die Initiative „Mediaspree versenken“ will statt einer Straßenbrücke nur einen Steg für Fußgänger und Radfahrer bauen lassen, der Bezirk will, dass auch Busse über die neue Brücke fahren dürfen.

Auf dem Abstimmungszettel kann man nun mit einem Kreuz bei Ja oder Nein zuerst entscheiden, ob man den Forderungen der Mediaspree-Gegner zustimmt. Dann folgt die Frage, ob man die Pläne der Bezirksverordnetenversammlung unterstützt. Für den Fall, dass es bei beiden Varianten mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt, kann man mit dem dritten Kreuz festlegen, welche Variante dann bevorzugt werden soll. Sollte sich am Ende eine Mehrheit für die Mediaspree-Gegner ergeben, wäre die Initiative aber noch nicht am Ziel. Selbst wenn die Bezirksverordneten ein solches Votum anerkennen würden, könnte der Senat das Bebauungsverfahren noch an sich ziehen. Der Bürgerentscheid würde dann nicht mehr gelten.

Bürgerentscheide, die es erst seit wenigen Jahren gibt, waren bisher meist verwirrend. Beim ersten Entscheid um die Zukunft des Hilde-Coppi-Gymnasiums in Lichtenberg mussten die Abstimmenden 2006 ihr Kreuz bei drei Varianten machen. Am Ende gab es eine Mehrheit für das weitere Bestehen des Gymnasiums. Beim Bürgerentscheid zu weiteren gebührenpflichtigen Parkzonen in Charlottenburg-Wilmersdorf war 2007 die Frage auf dem Abstimmzettel so formuliert, dass die Gegner einer Zahlpflicht mit Ja stimmen mussten. Eine Mehrheit wurde trotzdem erreicht. In Mitte folgt demnächst ein Bürgerentscheid zu Parkraumbewirtschaftungszonen. Erfolgreich war der Bürgerentscheid zur Umbenennung eines Abschnitts der Kreuzberger Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße. Erfolglos war dagegen Anfang dieses Jahres in Spandau der Versuch, per Volksentscheid das Bebauen der Halbinsel im Groß-Glienicker See zu verhindern. Zu wenige Menschen nahmen daran teil. Auch beim ersten Gesamtberliner Volksentscheid im April erreichten die Befürworter eines weiteren Flugbetriebs in Tempelhof nicht das erforderliche Quorum. Klaus Kurpjuweit

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