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Berlin: Mediziner warnen vor Kohlekraftwerken

Ärzteverband und EU-Umweltagentur sehen durch Feinstaub-Belastung Gesundheit von Berlinern und Brandenburgern gefährdet.

Berlin/Potsdam - Mediziner warnen gemeinsam mit der Umweltagentur der Europäischen Union (EEA) vor der Luftverschmutzung durch Braunkohlekraftwerke und vor einem Anstieg von Herz- und Lungenerkrankungen in Brandenburg und Berlin. Grundlage dafür ist eine Studie der EEA. Berlins Ärztekammerpräsident Günter Jonitz, zugleich Landesverbandschef des Ärzteverbandes Marburger Bundes in Berlin und Brandenburg, forderte die Politik auf, die Menschen besser zu schützen. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit werde bedroht, sagte der Mediziner. Es gehe um flächendeckende Risiken für die Bevölkerung.

Laut EEA beliefen sich die Kosten der Luftverschmutzung mit Feinstaub und Schadstoffen für das Gesundheitssystem in Europa für das Jahr 2009 auf eine Summe zwischen 102 und 169 Milliarden Euro. Allein zwei Drittel würden durch die Energiewirtschaft verursacht. Berlin-Brandenburg gehört der EEA-Studie zufolge zu den Regionen in Europa, wo die Luftverschmutzungen der Industrie die höchsten Gesundheitskosten verursachen. Allein die fünf Braunkohlekraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe in Brandenburg, im polnischen Turów nahe Görlitz und in Dolna Oldra nahe Schwedt sowie Boxberg in der Oberlausitz würden Gesundheitskosten von drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr verursachen. Alle fünf Kraftwerke stehen laut Umweltagentur auf der Rangliste der 20 größten industriellen Luftverschmutzer in Europa. Jänschwalde sei der drittgrößte Verursacher der Schäden in Europa und der größte in Deutschland. „Je größer der Kohleanteil, desto schlechter die Luft“, sagte Martin Adams von der Umweltagentur.

Der brandenburgische Gesundheitsstaatssekretär Daniel Rühmkorf wies die Darstellung zurück. Anhand der Daten aus Reihenuntersuchungen von Kindern und den Emissionswerten von Messstationen lasse sich kein Zusammenhang erklären. Zwar sei bei Schulanfängern ein Anstieg etwa bei Asthma-Erkrankungen festzustellen, aber ohne dass die Emissionswerte signifikant angestiegen seien. „Die Emissionsbelastung ist relativ niedrig. Und in der Lausitz ist man nicht kranker als im Rest des Landes“, sagte Rühmkorf.

Ein Sprecher des Energiekonzerns Vattenfall, der Braunkohle in seinen Lausitzer Kraftwerken verstromt, sagte, diese seien nach dem deutschen Emissionsschutzgesetz und den strengen Vorgaben genehmigt. „Wenn wir diese einhalten, kann man davon ausgehen, dass von den Emissionen keine Gesundheitsschäden ausgehen“, sagte er. „Eine klare Zunahme von Emissionen und Gesundheitsschäden ist nicht zu erkennen und nicht auf unsere Kraftwerke zurückzuführen.“

Wie aus Daten der Berliner Senatsumweltverwaltung hervorgeht, tragen Kohlekraftwerke auch in Berlin zur Feinstaubbelastung bei. Da Feinstaub mit der Luftströmung über weite Strecken transportiert werde, würden auch Verursacher außerhalb Berlins Schadstoffbelastung im Stadtgebiet mitverursachen, heißt es im Entwurf für einen Luftreinhalteplan: „Der Import von Feinstaub aus regionalen, deutschlandweiten und europaweiten Quellen verursachte im Jahr 2009 etwa 64 Prozent der Feinstaubbelastung.“ Auch die Daten des Landesumweltamtes Brandenburg zeigen, dass in der Lausitz tageweise die Grenzwerte für Feinstaub überschritten werden. Fest steht demnach ebenso, dass die Kraftwerke dort bei Feinstaub knapp die Hälfte und bei Schwefeldioxid und Stickstoffoxiden vier Fünftel aller gemeldeten Emissionen verursachen.

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