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Berlin: Mehr Hartz-IV-Jobs im öffentlichen Bereich?

Die USA machen es vor: Im Supermarkt packen Arbeitslose den Kunden die Einkaufstüten, viele Haushalte beschäftigen Kindermädchen und Putzfrauen, in Gebäuden passen Hausmeister und Concierge-Personal auf, dass nichts schiefläuft. Sicher, diese Jobs sind nicht gut bezahlt, etliche Amerikaner müssen zwei, drei oder sogar vier ausüben, um über die Runden zu kommen.

Die USA machen es vor: Im Supermarkt packen Arbeitslose den Kunden die Einkaufstüten, viele Haushalte beschäftigen Kindermädchen und Putzfrauen, in Gebäuden passen Hausmeister und Concierge-Personal auf, dass nichts schiefläuft. Sicher, diese Jobs sind nicht gut bezahlt, etliche Amerikaner müssen zwei, drei oder sogar vier ausüben, um über die Runden zu kommen. Aber es ist dennoch besser, als zu Hause zu sitzen.

Denn so bleiben Menschen im Arbeitsprozess, können Qualifikationen erwerben und sind an ein geregeltes Leben gewöhnt. Das sind Grundvoraussetzungen für jede Arbeit – auch für die besser bezahlte. Und auch, um sich auf eine solche besser bezahlte zu bewerben, kann die Erfahrung aus den Billigjobs helfen. Denn wer zu Hause sitzt und verlernt, dem Tag eine Struktur zu geben, verliert allmählich den Kontakt zu anderen Menschen und zur Gesellschaft und traut sich am Ende auch selbst nichts mehr zu. Schon gar nicht, sich auf eine Stelle zu bewerben. Servicejobs, im öffentlichen wie im privaten Bereich, auch wenn sie schlecht bezahlt sind, können den Teufelskreis durchbrechen.

Deshalb kann die Idee, berlinweit Arbeitslose mit Hartz-IV-Jobs in öffentlichen Betrieben und Ämtern einzusetzen, ein Anfang sein, der in diese richtige Richtung geht. Wenn der Staat gute Erfahrungen damit macht, lässt sich vielleicht auch die Privatwirtschaft dazu motivieren.

Wenn Behörden und Ämter Personal benötigen, dann sollen sie welches einstellen. Die Arbeitslosen sind doch kein Klumpen Knetmasse, aus dem man immer mal ein Eckchen herauszupft, um einen Riss zu kitten, der durch Entlassungen entstanden ist. Die Ein-Euro-Jobber – das war von Anfang an so festgeschrieben – dürfen nicht als Ersatzpersonal benutzt werden. Genau das aber ist das Ziel der vielen Vorschläge, die in regelmäßigen Abständen diskutiert werden. Wenn ein Arbeitsloser an gemeinnütziger Arbeit interessiert ist, soll man ihn dabei unterstützen, etwas Geeignetes zu finden. Aber als Service-Verbesserungs-Kit taugen Zwangsmaßnahmen nicht. Alleine die Vorstellung, dass Uli oder Ali, mangels Schulabschluss seit Jahren arbeitslos, bei der BVG Service- oder Sicherheitsfragen beantworten, ist doch lachhaft. Und daran ändert sich auch nichts, wenn die Arbeitslosen studiert haben. Ein erwerbsloser Ingenieur muss nicht als Hilfsarbeiter für Verkehrsbetriebe oder Grünflächenämter beschäftigt werden. Dem wäre vielmehr geholfen, wenn die vielen Politiker, die sich heldenhaft ihren Kopf darüber zerbrechen, wie man Arbeitslose vor Langeweile und Nutzlosigkeit bewahren kann, mit demselben Eifer und Einfallsreichtum über Mittelstandsförderung nachdenken würden. Stattdessen sieht es so aus, als drehe sich Wirtschaftspolitik immer nur noch um die Arbeitslosen. Das ist nach hinten geguckt. In die falsche Richtung. Ariane Bemmer

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