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Berlin: Mehr Klarheit für Ein-Euro-Jobber

Was sie dürfen und was nicht: Senat, Arbeitsagentur und Verbände legen „Positivliste“ vor

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Ohne die Ein-Euro-Jobs lägen die Arbeitsmarktzahlen in Berlin weit über der derzeitigen Marke von knapp 333 000. Denn rund 13 000 Empfänger von Arbeitslosengeld II sind in diesem Monat in einem solchen Mini-Job beschäftigt und tauchen in der Arbeitslosenstatistik nicht auf. Für die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung, wie diese Jobs offiziell heißen und von denen im Laufe des Jahres 35 000 eingerichtet werden sollen, werden künftig feste Kriterien für die Bewilligung gelten, um zu verhindern, dass reguläre Arbeitsplätze verdrängt werden. Heute wollen sich Senat, Verbände, Kammern, Gewerkschaften und Arbeitsagenturen auf eine Liste einigen, in welchen Bereichen Ein-Euro-Jobs möglich sind.

Laut dem Entwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, werden die vielfältigen Betätigungsfelder von Gesundheit und Pflege über Jugend und Bildung, Naturschutz und Grünanlagen bis hin zu kulturellen oder wissenschaftlichen Einrichtungen genau eingegrenzt. Zudem müssen künftig Maßnahmen mit gewerblichem Bezug von Kammern und Verbänden auf Unbedenklichkeit überprüft werden. Werden Ein-Euro-Jobber für andere Tätigkeiten als ursprünglich bewilligt eingesetzt, wird die Maßnahme sofort beendet. Für den Träger hat Leistungsmissbrauch Konsequenzen: Er muss die Fördermittel zurückzahlen und wird für ein Jahr von Ein-Euro-Maßnahmen ausgeschlossen.

Nach der „Positivliste“ gelten etwa in der Seniorenbetreuung Vorlesedienste, Freizeitgestaltung, Begleitung bei Spaziergängen oder Ausfahrten als unbedenklich. Ältere Menschen dürfen aber nur dann bei Einkäufen oder Arztbesuchen begleitet werden, wenn sie nicht pflegebedürftig sind. Diese Tätigkeiten zählen sonst zu den Aufgaben eines Pflegedienstes. Beim Einsatz in Kitas können Ein-Euro-Jobber zum Beispiel als Begleitung bei Ausflügen, zum Reparieren von Spielzeug, zum gemeinsamen Backen und Kochen eingesetzt werden. An Schulen dürfen sie Lehrkräfte bei der Aufsicht unterstützen, bei Wandertagen begleiten sowie zusätzliche Hausaufgabenbetreuung übernehmen und bei der Vorbereitung von Unterrichtsmaterialien helfen.

Bei der Pflege öffentlicher Grünanlagen, einem der großen Einsatzgebiete, ist genau festgelegt, was erlaubt ist und was nicht. Billiglöhner dürfen Unkraut auf Wegen, aber nicht in Beeten beseitigen. Das Laub im Kampf gegen die Miniermotte dürfen sie sammeln und auch Abfall zur Entsorgung vorbereiten. Diese hingegen wird von Fachkräften übernommen. Nicht gestattet ist es, die Kräfte für Pflanzarbeiten einzusetzen. Im Baubereich sind etwa auch Abrissarbeiten auf öffentlichen Grundstücken möglich; hier muss aber in jedem Einzelfall eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Handwerkskammer eingeholt werden.

Unterdessen kritisierten der Berlin-Brandenburger DGB und die Unternehmensverbände der Region (UVB), dass auch junge Arbeitslose unter 25 Jahren in Ein-Euro-Jobs eingesetzt werden. „Diese führen mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Ende der Maßnahme zu erneuter Arbeitslosigkeit, weil die Tätigkeiten zusätzlich sein müssen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Bei Jugendlichen müssten Ausbildung und Qualifizierung das vorrangige Ziel sein, sie dürften nicht nur in „Ein-Euro-Jobs geparkt werden“. DGB-Chef Dieter Scholz sagte, dies offenbare „das Dilemma auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“.

Bei der Regionaldirektion für Arbeit hieß es hingegen, dass die Arbeitsgelegenheiten bei Jugendlichen nur das letzte Mittel seien. Eine Ausbildung habe auf jeden Fall Vorrang. In Berlin gibt es derzeit nach Angaben der Regionaldirektion 1700 Ein-Euro-Jobber unter 25 Jahren.

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