zum Hauptinhalt

Berlin: „Mein Amt macht mir Spaß“

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) über den Streit um die Ausländerbeauftragte, ihre eigenen Leistungen und das Verhältnis zur SPD

Frau Knake-Werner, bei der Diskussion um die Ausländerbauftragte haben Sie keine glückliche Hand bewiesen. Barbara Johns Angebot, ehrenamtlich weiterzuarbeiten, haben Sie abgelehnt, und Anetta Kahane haben Sie ins Spiel gebracht, ohne ihre Stasi-Vergangenheit thematisiert zu haben. Macht Ihnen das Senatorenamt eigentlich noch Spaß?

Mein Amt macht mir Spaß, und das hat wenig mit dieser Personalie zu tun. Die ist in der Tat unglücklich gelaufen. Ich finde es aber nach wie vor richtig, die Position der Ausländerbeauftragten hauptamtlich zu besetzen und für Frau John eine angemessene ehrenamtliche Position zu finden. Ich habe Anetta Kahane nicht ins Spiel gebracht und finde es sehr bedauerlich, dass sie durch die Debatte verheizt worden ist, noch ehe sie sich für eine Bewerbung entschieden hat, geschweige denn, dass ich mich entschieden hätte.

Was hat Sie denn überhaupt bewogen, Frau Kahane trotz ihrer Stasi-Vergangenheit das Amt der Ausländerbeauftragten anzubieten?

Ich habe es ihr nicht angeboten. Ich habe mit Frau Kahane gesprochen, weil sie sich unter anderem als Leiterin der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen einen Namen gemacht hat. Ich wollte sie zunächst persönlich kennen lernen und erfahren, ob sie sich überhaupt eine solche Funktion vorstellen könnte. Ich habe sie weder bereits in irgendeiner Form für das Amt vorgeschlagen oder sie gar favorisiert.

Sie selbst sind 1981 aus der SPD ausgetreten, um gegen die Berufsverbote gegen Kommunisten in der Bundesrepublik zu protestieren und sind danach der DKP beigetreten. Ihre Biografie als westdeutsche Linke lässt vermuten, dass Sie eine besondere Sicht auf die DDR-Vergangenheit haben. Sind wir grundsätzlich zu nachtragend gegenüber ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit?

Ich habe keine besondere Sicht auf die DDR-Vergangenheit. Ich finde es richtig, dass man sich Biografien genau anschaut und Einzelprüfungen vornimmt. Ich habe lange im Immunitätsausschuss des Bundestages gesessen und weiß, worum es da geht. Ich bin immer eine scharfe Kritikerin von IM-Tätigkeiten gewesen, wenn ich festgestellt habe, dass Stasi-Mitarbeiter wirklich Menschen geschadet haben. Aber ich finde es auch nicht akzeptabel, dass so eine zerissene Biografie wie die von Anetta Kahane per se als Stasi-Spitzeltätigkeit diskutiert wird. Es gilt da schon, die ganze Biografie ernst zu nehmen: die Herkunft aus jüdischem Elternhaus ebenso wie die Brüche, die sie eigenständig vollzogen hat.

Anetta Kahane hat inzwischen von sich aus abgesagt und will sich nicht mehr um als Ausländerbeauftragte bewerben. Gibt es noch andere Kandidaten?

Sie werden nicht im Ernst annehmen, dass ich überhaupt nur auf die Idee komme, Namen zu nennen.

Sie selbst haben keinen leichten Stand im Senat. Warum fehlt ihnen oft die Unterstützung Ihrer Senatskollegen?

Ich habe nicht den Eindruck, dass mir die Unterstützung fehlt. Das Problem ist, dass ich in einem ausgesprochen komplizierten Arbeitsfeld tätig bin. Ich bin Lobbyistin für Sozialhilfeempfänger, für Kranke, für Flüchtlinge, für Obdachlose; für Menschen, die auf eine funktionsfähige soziale Infrastruktur angewiesen sind. Und es ist sehr schwer in einem Senat, der auch unter Standortgesichtpunkten politische Entscheidungen trifft, zu sagen, dass die soziale Balance in einer Stadt ebenfalls ein Standortfaktor ist, nicht nur Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur.

Als PDS-Frau stecken Sie besonders in der Klemme. Die Sparzwänge engen ihre politische Handlungsfähigkeit als Senatorin stark ein und zugleich sollen Sie für die „soziale Gerechtigkeit“ stehen, die Ihrer Partei so wichtig ist. Welche Spielräume bleiben Ihnen noch, das Profil der PDS im Senat zu schärfen?

Natürlich ist es unter den Berliner Bedingungen wirklich kompliziert. Ich habe mich darum bemüht, anders Politik zu machen, also nicht vom Grünen Tisch Entscheidungen zu treffen, sondern mit den Betroffenen gemeinsam. Wir dürfen nicht nur als Verkünder von Sparzwängen erscheinen.

Wie sehen Sie die Bilanz ihrer Arbeit nach einem dreiviertel Jahr im Amt?

Ich denke, es hat noch keine Landesregierung geschafft, eine Krankenhausplanung einzuleiten, die bisher konsensual verläuft und alle Beteiligten an einen Tisch holt und mit der es hoffentlich möglich sein wird, sich auf die Umbrüche im Gesundheitssystem vorzubereiten. Wir haben eine Priorität auf gesundheitliche Prävention gesetzt, besonders bei Kindern. Wir haben ein Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg gebracht, und wir werden mit unseren Verhandlungen über die Stadtteilzentren dazu beitragen, dass die Menschen in ihrem Wohnumfeld Gestaltungsmöglichkeiten zurückgewinnen. Das ist schon eine ganze Menge.

Alles Leistungen, die man auch einer Sozialdemokratin zutrauen sollte. Die PDS droht in die Bedeutungslosigkeit abzusinken. Halten Sie der Partei die Treue oder werden Sie vielleicht wieder zur SPD übertreten?

Es gibt eine Menge gemeinsamer Grundlagen. Auch die SPD ist davon ausgegangen, dass sie mehr soziale Gerechtigkeit will, dass sie Demokratie wagen, dass sie eine globale Friedensordnung will. Aber ich glaube, sie hat genau diesen Politikwechsel nicht vollzogen. Ich will das nach wie vor, und deshalb bleibt die PDS meine Partei. Es zieht mich nicht in die SPD.

Das Gespräch führte Stephan Wiehler

$AUTHOR

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false