zum Hauptinhalt

Berlin: Mein Freund, die Kiezstreife

Senat macht Sympathie-Werbung für die Ordnungshüter. Künftig dürfen sie auch Autos abschleppen lassen

Rund 150 000 Euro lässt sich der Berliner Senat die Imagekampagne für die Ordnungsämter kosten. Damit soll die „gemeinsame Verantwortung für Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum gefördert werden“, sagte Innen-Staatssekretär Ulrich Freise (SPD) gestern. Mit den Kiezstreifen setzte man auf Prävention und nicht auf Repression.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) ist da anderer Meinung. Aus seiner Sicht erbringen die Kiezstreifen eine „kostenpflichtige Dienstleistung“, die Menschen an den zurückgelassenen Müll oder Hundekot zu erinnern. Während in Marzahn-Hellersdorf Stadtrat Svend Simdorn (CDU) zunächst auf das Gespräch mit den Bürgern setzt, hat Buschkowsky („Wir sind das schlechte Gewissen der Bürger“) seine Kiezstreifen angewiesen, das Kassieren nicht zu vergessen. Rund 165 000 Euro wurden im ersten Halbjahr allein in Neukölln eingenommen, rund 90 Prozent davon bei Verkehrsordnungswidrigkeiten.

Die werden auch weiterhin den Großteil der Einnahmen ausmachen, zumal die Kiezstreifen per Rechtsänderung in Kürze auch Falschparker abschleppen lassen dürfen. Bisher war das der Polizei vorbehalten. Den Vorwurf, dass sich die Ordnungshüter bevorzugt auf leicht zu fassende, ältere und schwächere Sünder konzentrieren, wiesen die Politiker zurück. Damit die überwiegend älteren Streifen – darunter ehemalige Köche, Gartenarbeiter und Reinigungsfrauen – künftig in den Parks noch besser gegen Radfahrer und unangeleinte Hunde vorgehen können, werden in Neukölln jetzt Elektroroller beschafft.

317 Streifengänger wurden bisher geschult. 260 der vorgesehenen 300 Kräfte sind zurzeit im Einsatz, 25 in der Ausbildung. Einige sind wieder ausgestiegen oder mussten gehen, weil sie nicht für den Job geeignet waren. Dazu kommen 160 frühere Polizeiangestellte im Verkehrsüberwachungsdienst, die jetzt andere Ordnungsaufgaben erfüllen sollen. Stadtweit standen im ersten Halbjahr 2005 rund 950 000 Verkehrsanzeigen rund 6000 sonstigen Knöllchen gegenüber.

Mit Plakatflächen im Gegenwert von ebenfalls rund 150 000 Euro unterstützen Werbeträger wie BVG- S-Bahn, Berlin Tourismus Marketing und die Firma Ströer die Imagekampagne für die Ordnungsämter. Konfrontiert mit der Diskussion um die Kiezstreifen erklärte sich Ströer-Geschäftsführer Ralf-Thomas Stichel gestern spontan bereit, seinen Anteil auf 120 000 Euro zu verdoppeln, um die Philosophie vom Miteinander für eine saubere und ordentliche Stadt noch stärker herüberzubringen.

Rainer W. During

Zur Startseite