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Berlin: Mein Urahn, der Reformator

Er trägt einen großen Namen: Peter Luther. In 14. Generation hält der frühere Senator die Familientradition hoch – und geht heute zur Premiere des Films über Martin Luther

Von Lothar Heinke

Wie wird der Luther-Film wohl sein, fragt er sich vor der heutigen Premiere im Kosmos-Kino am Frankfurter Tor? Und wie Joseph Fiennes den Reformator wohl spielt: Temperamentvoll? Sinnlich? Dickschädelig? Heldisch? Revolutionär gar? „Mutig auf jeden Fall“, hofft Peter Luther, im Übrigen „war der Martin ja ein braver, kluger, ehrlicher, die Gerechtigkeit liebender Mensch, fleißig und geradezu“. Der Namensvetter muss es wissen. Dr. sc. Peter Luther aus Pankow, der nach der Wende fünf Jahre Berlins Gesundheitssenator war, gehört zu den „Lutheriden“, die sich rühmen dürfen, irgendwie ein Ast oder wenigstens ein Blatt von der weit verzweigten Krone des Stammbaums der Familie Luther zu sein.

Die Ursprünge reichen bis zum Ritter Wiegand von Luther Anfang des 14. Jahrhunderts. Der Reformator Martin und sein Bruder Jakob, der Ratsherr, sind schon die Generation 7 in der Familienchronik – Peter Luther ist der 21. Nachfahr des „Ur-Vaters“ und der Mann aus der 14. Generation seit Martin und Jakob. Da 1759 der letzte direkte männliche Nachkomme Martin Luthers starb, stammen die heutigen Luthers zumeist von Martins Bruder Jakob. Peter Luther spricht von „unserer Familie“, die ihm ein großes Glück bescherte: Bei Luthers war es üblich, dass der jeweils jüngste Sohn das väterliche Erbe erhielt. So kam Peter Luther zu einem kleinen Landgut in seinem Geburtsort Drohnsdorf bei Aschersleben in der fruchtbaren Börde, das sich seit der Reformationszeit im Familienbesitz befindet und wo sich der Luther-Clan zu Fest- und Feiertagen auf dem Lutherhof trifft.

Martin Luthers 500. Geburtstag anno 1983 gebar im DDR-„Luther-Jahr“ einen mehrteiligen Fernsehfilm mit Ulrich Thein in der Titelrolle. Hier konnten viele Zuschauer erstmals den Reformator in voller Aktion erleben, aber der eigentliche positive Held war dann doch der aufrührerische Thomas Müntzer, während Luther mehr wider die revolutionären Bauern zu wettern hatte, erinnert sich der Luther-Spross. Dabei sei gerade Luthers reformatorischer Eifer Folge der Verlogenheit anderer, deren Nachfahren ihn auch heute noch als Ketzer betrachten. In der Schule wurde Peter Luther jedenfalls wegen seiner Vergangenheit nicht nur bewundert – auch da war schon mal von „Fürstenknecht“ die Rede.

Mit ein wenig Fantasie können auch noch nach über 400 Jahren phänotypische (also: äußere) Merkmale konstatiert werden – große, etwas untersetzte, leicht korpulente Figur, kräftiges Gesicht, hohe Stirn. Auch die inneren Gene scheinen ihre Spuren nicht verloren zu haben. Wie Martin trinkt Peter lieber Bier als Wein, und er lebt stets mit dem Prinzip Hoffnung, heute noch einen Baum zu pflanzen, wenn morgen die Welt unterginge. Zudem hat Peter Luther jenen familiär-typischen „Gerechtigkeitsfimmel“ geerbt, mit dem sein berühmter Vorfahr bis zu Kaiser Karl dem Fünften gekommen ist.

Peter Luther ist noch vor der Wende („weil es einfach so nicht weitergehen konnte“) als Immunologe und CDU-Mitglied im Forschungsinstitut für Lungenkrankheiten in Buch Sprecher eines frei gewählten wissenschaftlichen Gremiums geworden, schließlich Institutsdirektor. Nach den Wahlen 1990 wurde er ins Amtszimmer von Eberhard Diepgen bestellt, um sich binnen zwei Stunden zu entscheiden, ob er Gesundheitssenator werden möchte. Luthers Frau sagte: „Meine Güte, was wir alles durchgestanden haben, von Enteignung, Westflucht, Rückkehr bis zur LPG – mach das“. Irgendwie war die neue Zeit wie der berühmte Thesenanschlag. Es musste etwas passieren. Und Luther war dabei, wenngleich sein großer Lehrer, der Gerichtsmediziner Otto Prokop, lautstark bedauerte, dass seine besten Schüler nun Politik machten.

„Ich finde es prima, dass sie den Film gedreht haben“, sagt Peter Luther. Mitgespielt haben außer Joseph Fiennes auch Peter Ustinov, Claire Cox, Uwe Ochsenknecht, Matthieu Carrière, und Rolf Zehetbauer, die alle ab 18.30 Uhr auf dem roten Teppich erwartet werden. Peter Luther wird sich den Promi-Aufmarsch angucken, und er findet, dass das Thema des Films in die Zeit passt: Auch mit jetzt 61 Jahren würde er noch einmal in die Politik gehen, denn: Reformieren tut wieder dringend Not!

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