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Berlin: Meine Jacke, deine Jacke

Robbie Williams trug sie, Wowereit auch: Kleidung mit Städtennamen. Aber wer hat sie erfunden? Hamburger und Berliner streiten vor Gericht

Von Esther Kogelboom

und Holger Wild

„Wenn man einmal im Leben kopiert wird, hat man es geschafft.“ Mit diesem Zitat von Karl Lagerfeld werben die Hamburger Frisöre von „cut for friends“ auf ihrer Homepage. Die Haarschneider haben nämlich neben ihrem eigentlichen Geschäft noch ein lukratives Zweitgewerbe aufgemacht: Sie verkaufen Trainingsjacken, wie sie besonders gern von der urbanen Jugend getragen werden. Mit dem Hamburger Stadtwappen und dem simplen Schriftzug „Hamburg“.

Oder mit dem Berliner Stadtwappen und dem Schriftzug „Berlin“. Denn in der Hansestadt liefen die Jacken prima, und so entschieden sich die Frisöre, ihr Glück auch in anderen Städten zu probieren. Sie dachten sich einen Promotiontrick aus: Als Robbie Williams in Berlin auftrat, schenkten sie ihm eine Jacke mit „Berlin“-Aufdruck, die der Star prompt auf der Bühne trug. Seither verkauften sich die Trainingsjacken der findigen Frisöre mit dem Schriftzug auf der Brust in Massen – egal, welche Stadt aufgedruckt war. In Hamburg bestimmten sie schnell das Straßenbild. Berlin zog nach, hier kann man sie in Szene-Läden kaufen.

Doch jetzt gibt es Unruhe auf dem Stadtnamen-Jacken-Markt. Die Hamburger sind nämlich nicht die Einzigen, die Stadtnamen-Jacken produzieren und verkaufen. Und deshalb hat Michael Jung von „cut for friends“ einen kleinen Berliner Laden namens „Look 54“ verklagt. Heute vormittag kommt es in Hamburg zu einer Anhörung am Hamburger Landgericht. „Wir haben die Jacken beim Patentamt als ,Geschmacksmuster‘ in sieben Merkmalen schützen lassen, darunter der farbig hervorgehobene Reißverschluss, die zwei Streifen an der Seite und das Stadtwappen“, sagt der „cut for friends“- Anwalt Thomas Campmann. „Städtenamen kann man sich zwar nicht schützen lassen – aber in dieser Kombination handelt es sich um eine zu schützende Modeneuheit.“ Die Haar- und Jackenschneider setzten eine einstweilige Verfügung durch, nach der „Look 54“ seine Jacken – die fast genauso aussehen wie die Hamburger – nicht mehr verkaufen darf. Doch die Berliner haben Widerspruch eingelegt – deshalb nun der Gerichtstermin.

Timo Röpcke von „Look 54“ nämlich sagt: „Wir waren zuerst da.“ Am 18. Oktober vergangenen Jahres steckte Röpcke, alias DJ Ultimo, „zwei Mädels in Berlin-Jacken“ und fuhr mit ihnen an die Alster zur „Berlin Deluxe“-Party in den Hamburger „Rubin Club“. Die Jacken seien selbst gedruckt gewesen; im Keller seines Charlottenburger Ladens stehe eine Siebdruckmaschine, mit der er die nackten Jacken auf Wunsch der „Look 54“-Kunden frisch bedrucke. Das Modell allerdings beziehe er zum Teil von selben Großhändler wie „cut for friends“. Von einer Massenproduktion könne jedoch keine Rede sein, so Timo Röpcke.

Doch selbst der Regierende Bürgermeister hat sich in dem vorgeblichen Plagiat von Schulkindern fotografieren lassen. Auf Wowereis Brust prangte „Berlin“ – und hinten stand, ganz individuell, „Mutti vons Janze“.

Esther Kogelboom, Holger Wild

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