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Meine Woche (48): Wahl

Der Syrer Ahmad Al-Dali, 25, ist seit Mai 2015 in Berlin. Hier erzählt er, wie ihm die Stadt begegnet.

Ahmad, es ist Wahlkampf in Berlin. Wie viel bekommen Sie davon mit?

Genug. Letztens haben Unterstützer der Partei „Pro Deutschland“ ein Plakat in der Rigaer Straße aufgehängt. Es gab dann ein bisschen Tumult, die Polizei musste kommen. Und noch während die Beamten da waren, rief mir einer von den Leuten, die da rumstanden, zu: „Ich hau dir in die Fresse, du Scheiß-Moslem.“

Und Sie?

Ich bin natürlich ruhig geblieben.

Verstehen Sie all die Botschaften, die auf den Wahlplakaten stehen?

Die meisten.

Und welches gefällt Ihnen am besten?

„Grumpy Cat Against Racism“ von den Piraten finde ich ganz cool. Und die Plakate der Linken gefallen mir auch.

Wen würden Sie denn wählen, wenn Sie dürften?

Gute Frage. Die Linken sind extrem, aber wählen würde ich sie wohl trotzdem. Ich müsste mich aber noch besser informieren, bevor ich so eine Entscheidung treffe.

Sind Sie in Syrien wählen gegangen?

Ja, einmal. Das waren die Präsidentschaftswahlen. Aber im Grunde ist das alles Verarsche. Es gibt eine große Partei, und die anderen kleinen Parteien hängen alle mit ihr zusammen. Mit Freiheit hat das wenig zu tun. Bei der Wahl damals hat natürlich auch Assad gewonnen.

In Deutschland funktioniert die Demokratie zum Glück.

Ja, eine der besten Demokratien der Welt. Meine Freunde überlegen jetzt, eine eigene Partei zu gründen. Links soll die sein und gerecht, aber nicht so extrem, sondern überlegt und realistisch.

Wie würde die denn heißen?

„Die Gutmenschen“.

Haha, sehr schön. Welches Wort geben Sie uns diese Woche mit?

Wahl heißt auf Arabisch Ebtikhabat.

Die Fragen stellte Maria Fiedler.

Diese Kolumne ist gedruckt in der Tagesspiegel-Samstagsbeilage Mehr Berlin erschienen. Alle Folgen finden Sie unter diesem Link.

Ahmad Al-Dali

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