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Berlin: Melancholischer Abschied

Die Ausstellung zur kreativen Schwermut in der Neuen Nationalgalerie geht am Sonntag zu Ende. Ein Wiedersehen wird es nicht geben

Es naht der Augenblick der Trennung. Wahrscheinlich für immer. Schwermütige, die den Gefühlsschmerz voll ausschöpfen möchten, sollten unbedingt noch mal in die Neue Nationalgalerie gehen. Die „Melancholie“-Ausstellung, die am Sonntag zu Ende geht, wird nicht einfach an anderem Ort wieder aufgebaut. Sie löst sich auf. Die Bilder gehen zurück an die Museen, nach Spanien, Holland, Frankreich, in die USA.

Die „Freunde der Nationalgalerie“ sind mit der Besucherbilanz „sehr zufrieden“. Etwa 250 000 Kunstinteressierte werden bis zum Ende erwartet. Viele hätten sich sehr intensiv mit den Werken auseinander gesetzt, sagt Theresa Lucius von der Projektleitung. Die Ausstellung „Melancholie – Genie und Wahnsinn in der Kunst“ wurde nicht zum Kunstpopereignis wie die Schau des New Yorker Museums of Modern Art (MoMA) vor zwei Jahren, aber mit durchschnittlich 3400 Besuchern pro Tag war es auch kein Insidertreffen von Schöngeistern. Die Schlange wächst selten über das Normalmaß hinaus – die übliche Wartezeit liegt bei 30 Minuten. Das könnte sich an den letzten Tagen noch ändern. Zu empfehlen sind die Morgenstunden oder der späte Abend.

Die Ausstellung vereint 200 überwiegend bekannte und damit äußerst wertvolle Bilder und Stiche von Dürer bis Dalí. Die deutsche Romantik ist vor allem mit Caspar David Friedrich vertreten. Der ambivalente Begriff „Melancholie“ wird anhand der Werke in seinem Bedeutungswandel von der Antike bis heute dargestellt. Bei den Griechen gehörte die Melancholie zu den vier Temperamenten, die das Wesen des Menschen bestimmten. In der modernen Psychoanalyse wird der Begriff nicht verwendet.

Am Wochenende werden wieder die „Live-Speaker“ unterwegs sein und die Kunstwerke erläutern. Dieser Service hat sich seit der MoMA-Ausstellung bewährt, musste aber wegen eines fehlenden Sponsors auf zwei Tage in der Woche begrenzt werden.

Ein ungewöhnliches Experiment war der „Salon Noir“, eine Veranstaltungsbühne mit Bar, die als Bestandteil der Ausstellung konzipiert wurde. Im Salon Noir gab es Vorträge zum Thema, DJ-Clubnächte, Lesungen, Kino, Tanz und Performances, die auch sinnliche Melancholie-Erlebnisse schaffen sollten. Nach Anlaufschwierigkeiten sei der Salon sehr gut angenommen worden, sagt Sabine Grunwald vom Besucherdienst der Staatlichen Museen. Einige Veranstaltungen wie etwa die „Yellow Lounge“ mit Starpianistin Hélène Grimaud zogen mehr als 1000 Gäste in den schwarzen Kubus im Erdgeschoss des Mies-van-der-Rohe-Baus.

Doch auch dem Salon Noir schlägt am Sonntag die letzte Stunde. In der nächsten Ausstellung ist für Bühnenprogramm kein Platz. Am 8. Juni eröffnet „Berlin-Tokio/Tokio-Berlin“, eine Bilanz der wechselseitigen kulturellen Befruchtung der beiden Hauptstädte anhand verschiedener Kunstgattungen.

Bis zum morgigen Sonntag ist die Melancholie-Ausstellung von 9 bis 24 Uhr geöffnet. Eintritt: 10 Euro, erm. 6. Informationen unter Tel. 266-3669 oder im Internet: www.melancholieinberlin.org. Tickets für den „Salon Noir“ gibt es noch an der Kasse der Neuen Nationalgalerie oder an jeder Theaterkasse. Das Finale am morgigen Sonntag um 20 Uhr ist dann dem 150. Geburtstag von Sigmund Freud gewidmet – Titel: „Freud und Leid“.

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