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Berlin: Meningitis-Tod eines Vierjährigen: Haben die Ärzte versagt?

Kind starb trotz rechtzeitiger Bemühungen der Eltern. Bereits drei Tote in Berlin

Es gab in den vergangenen Wochen bereits drei Meningitis-Tote in der Stadt – Mediziner und Rettungspersonal haben aber offenbar Schwierigkeiten, die Krankheit rechtzeitig zu erkennen. Am Freitag wurde ein besonders tragischer Fall bekannt: Am vergangenen Mittwoch starb ein Vierjähriger an der gefährlichen Meningokokken-Meningitis. Zuvor waren seine Eltern zweimal dabei gescheitert, das Kind ins Krankenhaus zu bringen. Beide Male wurde die Hirnhautentzündung nicht erkannt. Als er endlich in der Klinik aufgenommen wurde, war es zu spät. Nun wird ermittelt, wie es dazu kommen konnte.

Schon am Dienstagabend brachten die Eltern wie berichtet ihr Kind mit hohem Fieber ins Vivantes-Klinikum Friedrichshain. Die Diagnose: ein Infekt. Der Kinderarzt schickte den kleinen Patienten nach Hause. Als die Eltern in der Nacht dann einen Rettungswagen riefen, erkannten auch die Sanitäter die Krankheit nicht. Den dunklen Hautausschlag schrieben sie einer allergischen Reaktion auf ein Medikament zu. Als der Vater seinen Sohn dann gegen 3.30 Uhr selbst ins Krankenhaus brachte, war es zu spät.

Der Arzt, der den Vierjährigen am frühen Abend wieder nach Hause geschickt hatte, sei ein erfahrener Kinderarzt gewesen, sagt Vivantes-Sprecherin Fina Geschonneck. Täglich werden derzeit in Berlins Krankenhäusern hunderte Kinder mit einem grippalen Infekt und hohem Fieber behandelt. Die Meningitis-Symptome ähneln in den ersten Stunden einem Infekt. Dann sei sie „sehr, sehr schwer“ zu diagnostizieren, meint Günther Jonitz, Präsident der Berliner Ärztekammer. Die Alarmglocken müssten bei den Ärzten schrillen, wenn sich dazu eine Nackenstarre einstelle – was im Krankenhaus aber offenbar nicht festgestellt wurde. Auch ein Bluttest könne Aufschluss über eine Hirnhautentzündung geben. Sicher kann ein Mediziner allerdings nur sein, wenn er das Rückenmark punktiert und in der Probe Meningokokken nachweisen kann.

Sollten Eltern mit ihren erkrankten Kindern dann besser gleich die Meinung von zwei oder drei Krankenhäusern einholen? „Nein, die Eltern haben alles richtig gemacht“, sagt Jonitz. Aber die enormen Arbeitszeiten und die Organisation in den Krankenhäusern mache die Patientenversorgung „nicht gerade sicherer“. Deshalb rät Jonitz: „Man sollte den Doktor fragen, der das Kind am längsten kennt.“

Bei der Feuerwehr laufen interne Ermittlungen, um die Umstände des – gescheiterten – Krankentransports zu klären. Er habe bisher einen der drei Rettungssanitäter befragen können, sagt Feuerwehrchef Albrecht Broemme. Die beiden anderen seien krankgeschrieben, weil sie das Antibiotikum nicht vertrugen, mit dem sie zur Meningitis-Vorsorge behandelt wurden. Nach der Version des Sanitäters habe man zwar den dunklen Hautausschlag bemerkt, die Meningitis aber nicht. „Es ist nicht die Aufgabe der Männer, spekulative Diagnosen zu stellen“, sagte Broemme dem Tagesspiegel. Die Männer hätten zunächst klären wollen, ob der Junge ein Fall fürs Krankenhaus sei. Nach einer halben Stunde verlor der Vater die Geduld und brachte seinen Sohn selbst ins Krankenhaus.

Der Vater will das Klinikum Friedrichshain jetzt verklagen. Vorher kann er es bei der Schlichtungsstelle der Ärztekammer versuchen: Im Jahr 2001 waren hier 981 Fälle anhängig. „In einem von drei Fällen wird ein Behandlungsfehler anerkannt“, sagt Jonitz. Wer mit dem Votum der Schlichtungsstelle nicht zufrieden ist, kann vor Gericht ziehen.

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