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Berlin: Mexikanische Botschaft: Grüner Salon am Tiergarten

Ein "Extrablatt" erschien gestern als Sonderausgabe. Verteilt wurde die kleine Zeitung allerdings nur an der Klingelhöferstraße - wo früher das Volksfestgelände am Lützowplatz war.

Ein "Extrablatt" erschien gestern als Sonderausgabe. Verteilt wurde die kleine Zeitung allerdings nur an der Klingelhöferstraße - wo früher das Volksfestgelände am Lützowplatz war. Rund 1200 geladene Gäste, unter ihnen der Regierende Bürgermeister und der mexikanische Botschafter, bekamen das Blatt überreicht. "Heute im Tiergarten-Dreieck: Ein Fest - vier Anlässe" lautete die Schlagzeile auf der ersten Seite. Und dann bekamen die Besucher zu lesen, weshalb sie eigentlich gekommen waren.

Gefeiert wurden die Eröffnung des Parks im Inneren der neuen Wohnanlage, das Richtfest für die mexikanische Botschaft und das Richtfest für die Wirtschaftsprüferkammer. Der vierte Anlass war die gemeinsame Feier selbst, und die nannte man "Salonfest", obwohl weit und breit kein Salon zu sehen war. Den musste man sich dazudenken, und dazu noch geistig-überdimensional, denn das Tiergarten-Dreieck soll in seiner Gesamtheit Ort für kulturelle Veranstaltungen und gemeinsame Aktionen der Nachbarn sein, ein "Tiergarten-Salon" eben; Erinnerung an die Zeiten, als das Viertel voller Galerien und diskussionsfreudiger Salons von hoher Kultur war. So soll es wieder werden - hier, an dieser Stelle.

Die Rolle des Salons übernahm erst einmal der Park, der da inmitten des neuen Stadtteils zwischen Stüler-, Rauch-, Klingelhöfer- und zur Promenade gewordenen Corneliusstraße entstanden ist. Weil der Park so mittendrin steckt, wie eine Tasche in Jacke oder Hose, heißt er Pocket-Park. Rund 6000 Quadratmeter ist die Grünfläche groß, entworfen haben sie die Landschaftarchitekten Müller, Wehberg und Partner, und der Bauherr ist, wie bei den Häusern auch, die Industrie- und Wohnbau Groth-Gruppe.

Rund 2,5 Millionen Mark hat das Unternehmen in eine Art Englischen Garten investiert. Ein Natursteinpflasterweg umrundet ihn, Pfade führen zu den fünf Häusergassen ringsum, die Rasenfläche ist mit Staudengärten und Hecken eingefasst, es gibt etliche Bäume, Tische und Bänke aus Sandstein und einen Kinderspielplatz, zu dem auch noch ein Karussell gehören soll.

Die Schönheit der Grünanlage, die bis zum Sonnenuntergang öffentlich zugänglich sein soll, ließ sich gestern nur ahnen, weil sich der Park unter den vielen Gästen nahezu versteckte. Zum Salonfest waren eine Musikbühne für das Heeresmusikkorps 400 und zusätzlich Stände aufgebaut worden, an denen beispielsweise die CDU oder das Deutsche Verkehrsforum warben, der Bauträger auf den Verkauf von Eigentumswohnungen aufmerksam machte und Botschaften über ihre Länder informierten. Malaysia, Luxemburg, Malta - alle sind hier Nachbarn im Tiergarten-Dreieck. Und natürlich Mexiko. Der Rohbau der Botschaft und des Kulturzentrums wirkt geheimnisvoll rund in seinem Inneren und ebenso geheimnisvoll von außen, mit seinen 40 rund 18 Meter hohen fächerförmig angeordneten schrägstehenden Säulen aus weißem Marmor-Sichtbeton. Im November wird das rund 16 Millionen Mark teure Haus an der Klingelhöferstraße fertig sein. Botschafter Roberto Friedrich wies darauf hin, dass es das erste Botschaftsgebäude seines Landes in Europa ist, das von mexikanischen Architekten entworfen worden ist, von Teodoro Gonzáles de Léon und Francisco Serrano. Der Botschafter will hier auch heimisch werden und seine Residenz einrichten.

Er wird dann bald fast 400 Nachbarn haben, die hier wohnen. Etwa 2200 Leute finden hier einen Arbeitsplatz, etwa bei der CDU-Bundeszentrale, bei Botschaften, bei Banken, Lebensversicherungen, in Anwaltskanzleien, diversen Geschäften oder auch Verbänden. Die Wirtschaftsprüferkammer wird ihr 30-Millionen-Gebäude am Rand des Pocket-Parks neben der mexikanischen Botschaft im Juni nächsten Jahres beziehen. Ihr Präsident Adalbert Wahl erinnerte daran, dass die Kammer bis 1996 ihren Sitz in Düsseldorf hatte. Mit dem Umzug sei man einem alten Beschluss gefolgt, im Fall der Wiedervereinigung das "Parlament" der Wirtschaftsprüfer nach Berlin zu verlegen. Es gehe zurück zu den Wurzeln.

Rund 370 Millionen Mark wurden in das gesamte Tiergarten-Dreieck investiert, ein städtebaulicher Vertrag zwischen dem Bauherrn Klaus Groth und dem Land Berlin abgeschlossen. Er finanzierte nicht nur den Park, sondern auch den Umbau der Klingelhöferstaße für eine Vorfahrt-, und Parkspur und die Umgestaltung der Corneliusstraße.

Bauherr Klaus Groth konnte gestern viel Lob hören. Tiergartens Baustadtrat Horst Porath und Senatsbaudirektor Hans Stimmann freuten sich über das fast fertige Bild des Tiergarten-Dreiecks und würdigten die Zusammenarbeit. Nur das Wetter spielte wieder nicht mit. Schon bei der Vorstellung des Viertels Mitte April mussten Schirme verteilt werden. Auch gestern, wo doch eigentlich ein Sommerfest geplant war, gehörte Glühwein zun Festprogramm. Und die Gäste erhielten nicht nur Groths Extrablatt, sondern auch einen Regenschirm geschenkt.

Christian van Lessen

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