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Berlin: Mieten sollen sozialverträglich steigen

Bewohner von landeseigenen Wohnungen sind verunsichert, weil Preisbindungen auslaufen Doch die Gesellschaften dürften auch künftig wenig Spielraum für Erhöhungen haben

Von Sandra Dassler

Nachdem die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gesobau wie berichtet die Mieten für 1900 Wohnungen im Märkischen Viertel um bis zu 20 Prozent erhöht hat, wächst die Verunsicherung bei vielen Berliner Mietern. „Menschen, die in sozial geförderten Wohnungen leben, haben unsere Hilfe bislang nur selten in Anspruch genommen, weil sie ja weniger als andere von Mieterhöhungen betroffen waren“, sagte der Chef des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter, gestern dem Tagesspiegel. „Jetzt kommen aber auch sie in unsere Beratungsstellen.“

Vetter nahm die Gesobau zugleich vor Anschuldigungen in Schutz, sie erhöhe die Mieten in einem Umfang, der sie nicht von sogenannten Heuschrecken, sprich: skrupellosen privaten Vermietern, unterscheide. „Auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen ja Gewinne erwirtschaften“, sagte er: „Andererseits sollen sie preisgünstige Mieten garantieren – das ist in Zeiten, wo Grundsteuer- und Mehrwertsteuererhöhung anstehen, nicht so einfach.“ Allerdings mache es schon einen Unterschied, ob es sich um kommunale Gesellschaften handle, die soziale Verantwortung trügen und sich langfristig engagierten, oder um private Vermieter, denen es nur um schnelle Gewinne ginge.

Der für Mieten und Wohnungspolitik zuständige Referatsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Thomas Brand, widersprach gestern Berichten, wonach die Mieterhöhungen im Märkischen Viertel etwas mit dem Wegfall der Anschlussförderung für den sozialen Wohnungsbau zu tun hätten. „Weggefallen ist für diese Wohnungen lediglich eine zehnjährige Mietpreisbindung, an die sich die Gesobau halten musste“, sagte er. Da die meisten Wohnungen in diesen vergangenen zehn Jahren saniert worden seien, könne man die angekündigte Mieterhöhung durchaus für angemessen halten. Zumal die neuen Mietpreise immer noch unter dem Durchschnitt des Berliner Mietspiegels lägen.

Auch in den anderen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hielt man sich mit Kritik zurück. Neben der Gesobau mit 41 000 Wohnungen sind das Degewo (62 000), Gewobag (53 000), Howoge (48 000), Stadt und Land (45 000) und WBM (27 000). „Entscheidend dafür, ob und wie wir Mieten erhöhen, sind immer das konkrete Umfeld und die Situation der Mieter“, sagt etwa Rudi Kujath von der Gesellschaft Stadt und Land. Alles andere mache in einer Stadt mit so viel Wohnungsleerstand wie Berlin wenig Sinn: „Die Mieter können sich ja dann preiswertere Unterkünfte suchen.“

Mietpreisbindungen würden schon seit vielen Jahren regelmäßig auslaufen, ohne dass städtische Wohnungsbaugesellschaften die Mieten unverhältnismäßig erhöht hätten, sagt Referatsleiter Brand. Vom 2003 beschlossenen Stopp der Anschlussförderung für sozialen Wohnungsbau seien 27 000 der insgesamt 208 000 Sozialmietwohnungen in Berlin betroffen. „Bei 7000 Wohnungen ist die Anschlussförderung schon in den Jahren 2003 bis 2006 weggefallen“, sagt Brand: „Die restlichen 20 000 trifft es in den nächsten acht Jahren.“ Für Mieter dieser Wohnungen hat das Land eine Art Notfonds bei der Investitionsbank Berlin eingerichtet. Dort können Mieter mit geringen Einkommen einen Mietausgleich beantragen.

Der Berliner Mieterverein begrüßt diese Abfederung, vermisst aber weiterhin ein Gesamtkonzept für die kommunale Wohnungswirtschaft. Man wisse, dass die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) in den laufenden Koalitionsverhandlungen ein entsprechendes Papier vorgelegt habe, kritisiert Mieterverein-Chef Hartmann Vetter: „Aber es kann doch nicht sein, dass dies ohne Einbeziehung derjenigen diskutiert wird, die es angeht“.

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