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Der Druck war groß: Die Mieten-Initiative, hier vertreten von Tommy Turner, übergab Anfang Juni bereits 48.500 Unterschriften von Unterstützern eines Mieten-Volksentscheids.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Mietenstreit in Berlin: Rechthaberei funktioniert nicht!

Der Senat und die Initiatoren des Mieten-Volksentscheids einigten sich, weil der Druck von unten stark genug war. Sonst hätten die Berliner der Koalition alles um die Ohren gehauen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Spruch hört sich blöd an, so abgeschmackt. Echter Politikersprech. Trotzdem ist es richtig, was zu dem Gesetzentwurf gesagt wird, den die Initiative für bezahlbare Mieten und der Senat ausgehandelt haben: Es gibt nur Gewinner, und das sind die Mieterinnen und Mieter der Stadt. Die staatliche Förderung von Neubau, Modernisierung und Instandsetzung, der Ankauf kommunaler Wohnungen und eine Deckelung der Mieten auf 30 Prozent des Nettoeinkommens.

Das kann sich ebenso sehen lassen wie die wirtschaftliche Stärkung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften und eine zentrale, sozialpolitisch orientierte Steuerung der Unternehmen. Der rot-schwarze Senat hat offenbar verstanden, wenn auch erst auf den letzten Drücker. Ohne diesen Kompromiss hätten die Berliner der Koalition in einem Volksentscheid alles um die Ohren gehauen, was in den vergangenen Jahren mieten- und wohnungspolitisch versäumt worden ist. Die Einigung kam zustande, weil der Druck von unten stark genug war.

Sie haben gelernt aus dem Tempelhofer Feld

Die Sozialdemokraten um den Regierenden Bürgermeister Michael Müller haben gerade noch rechtzeitig eingelenkt, sie haben gelernt aus dem Desaster der Volksabstimmung für ein freies Tempelhofer Feld. Rechthaberei und Politik von oben funktionieren schlecht, und in Berlin gar nicht mehr.

Man muss die Bürger nicht nur informieren über die tollen Pläne der Regierung, man muss sie selbst machen lassen. Nicht nur bei netten Ideen-Wettbewerben zur Verschönerung des Ortsteils, sondern auch bei den richtig wichtigen Sachen. Und Mieten und Wohnen ist so ein Thema, das fast alle betrifft in einer Stadt, die wächst und wächst, die allmählich zur echten Metropole wird. Mit allen guten, aber auch den schäbigen Konsequenzen, die das nach sich zieht. Dazu gehören leider rapide steigende Mieten und Grundstückspreise.

Und die CDU dackelt jetzt treuherzig hinterher

Wie gesagt, die SPD hat verstanden. Und die CDU? Dackelt jetzt treuherzig hinterher, die Christdemokraten haben sich im Dialog mit der Mieten-Initiative freiwillig abhängen lassen und klatschen nun trotzdem freundlich Beifall. Was anderes bleibt ihnen auch nicht übrig, denn auch ihre Wähler wohnen großenteils zur Miete. Hoffentlich freuen sich alle nicht zu früh, denn bei einem so komplizierten Gesetzespaket, das im November zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus steht, steckt der Teufel im Detail.

Und die Mieten-Initiative, die sich auf eine breite, bunte Basis stützt, muss noch offiziell Ja sagen. Sonst gibt es doch noch einen Volksentscheid.

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