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Mieterverein: Schönfärberei: Studie über Mieten in Berlin: Billiger als gedacht?

Wer in Berlin verzweifelt nach einer bezahlbaren Wohnung sucht, steht ziemlich alleine da. Nach einer neuen Studie dürfte es verzweifelte Wohnungssucher eigentlich gar nicht geben. Der Mieterverein nennt die Ergebnisse „Schönfärberei“.

Im Gegenteil: Berliner sparen bei der Miete und können das Geld für andere Dinge ausgeben, so lautet das Fazit der Agentur „Quaestio Forschung & Beratung Bonn“, die im Auftrag der Investitionsbank IBB den Berliner Wohnungsmarkt analysiert hat.

Damit widersprechen die Forscher Maklerverbänden, die erhebliche Preissprünge in begehrten Innenstadtlagen von Charlottenburg, Prenzlauer Berg, Pankow und Alt-Mitte registrieren. Dort konkurrieren besserbezahlte Zuwanderer mit den Alteingesessenen um günstig geschnittene Altbauwohnungen. Der Berliner Mieterverein kritisiert die Studie als „Schönfärberei“. Die unterschiedliche Entwicklung in den Quartieren bleibe unberücksichtigt.

Für Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ist die Studie dagegen eine willkommene Argumentationshilfe für ihre These, dass man in Berlin „mehr Wohnen fürs Geld“ bekomme als anderswo. „Überall in der Stadt gibt es Möglichkeiten, preisgünstige Wohnungen zu mieten“, sagt Junge-Reyer. In ehemaligen Sanierungsgebieten wie der Rosenthaler Vorstadt lägen die Mieten sogar unter dem Niveau von Sozialwohnungen.

Die Quaestio-Experten haben Berlin mit den teuren Metropolen München, Frankfurt am Main und Hamburg verglichen und kommen zu dem Ergebnis, dass ein Vierpersonenhaushalt mit einem mittleren Einkommen (2683 Euro) in Berlin 47 Prozent der angebotenen Wohnungen (ab 90 Quadratmeter) mit etwa 20 Prozent seines Einkommens finanzieren könnte. In München seien es nur zwei, in Hamburg fünf Prozent der angebotenen Wohnungen.

Bei den Durchschnittsmieten befindet sich Berlin im Vergleich mit 118 kreisfreien Städten auf Rang 55, also im guten Mittelfeld. 2008 wurden bei Neuvermietungen 5,61 Euro nettokalt für den Quadratmeter ausgegeben. In München waren es 11,61 Euro, also mehr als das Doppelte. Nun verdient der Münchner deutlich mehr als ein Hauptstädter, aber eben nicht das Doppelte. Die Berliner und Hamburger geben im Mittel 24 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, die Münchener 34 Prozent, die Frankfurter sogar 37 Prozent.

Bei der prozentualen Verteilung von günstigen und teuren Wohnungen zeigen die Großstädte kaum Unterschiede. Die Qualität von Wohnungen ermittelten die Forscher mit einer Stichprobe bei einer Internet-Suchmaschine. Für eine Wohnung zwischen 45 und 75 Quadratmeter mit Balkon oder Terrasse bei einer Kaltmiete zwischen 410 und 450 Euro gab es in München sechs Treffer, in Hamburg 50, in Berlin dagegen 455.

Die Vermutung, es handle sich dabei vorwiegend um unsanierte Hinterhofbehausungen, lassen die Forscher nicht gelten. „Berlin hat sanierte Altbauten zuhauf anzubieten.“ Im gleichen Preissegment gebe es Wohnungen in Hamburger Backsteinbauten aus den 50ern und in Münchner Mietskasernen aus den 70er Jahren.

Die neue Studie dient vor allem dazu, den Berliner Wohnungsmarkt als günstigen Standortfaktor anzupreisen. Unternehmer können ihre Lohnkosten entsprechend nach unten kalkulieren. Für die Berliner Mieter bleibt die Erkenntnis, dass es ihnen objektiv besser geht als angenommen.

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