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Berlin: Miljöhstudien

VON TAG ZU TAG Frederik Hanssen beobachtet den Überlebenskampf des HansaTheaters Das Hansa-Theater in Moabit ist pleite. Dass Intendant André Freyni weiter auf den reitenden Boten hofft, der in so manchem klassischen Drama Rettung in allerletzter Sekunde bringt, ist ehrenwert.

VON TAG ZU TAG

Frederik Hanssen beobachtet

den Überlebenskampf des HansaTheaters

Das Hansa-Theater in Moabit ist pleite. Dass Intendant André Freyni weiter auf den reitenden Boten hofft, der in so manchem klassischen Drama Rettung in allerletzter Sekunde bringt, ist ehrenwert. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob Berlin im Jahr 2003 überhaupt noch ein Volkstheater braucht. In Zeiten, als es noch jede Menge Arbeiter gab, die stolz darauf waren, zum malochenden Teil der Bevölkerung zu gehören, wollte man aus demselben Grund die Schwänke aus Zille sein Miljöh sehen, aus dem auch die Bildungsbürger ins Schillertheater gingen: um sich zu vergewissern, dass die eigenen Wertvorstellungen die richtigen sind. Je mehr sich der Staat aber zur Dienstleistungsgesellschaft wandelt, desto dünner wird die Arbeiterschicht. Wie viele Leute kennen Sie noch, die aus Überzeugung berlinern? Den Theaterbesuchern heute ist das Lebensgefühl der Broadway-Komödien viel näher. Sie wollen mit urbanem Witz unterhalten werden. Vielen sind die Geschichten aus dem Sozialbiotop Hinterhof eher peinlich. Das klingt nach Dorfleben. Darum hat das Hansa-Theater derzeit kaum Zukunft. In ein paar Jahren, wenn Berlin es tatsächlich zur Weltstadt geschafft hat, wenn sich parallel dazu zwangsläufig ein neues Metropolenproletariat gebildet hat, könnte der Blick in die Treppenhäuser wieder in Mode kommen. Vielleicht.

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