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Berlin: Millionenbetrüger stellte sich

Patrick Schneider wurde seit Jahren gejagt – nun ging er zur Polizei

Mit Zahnbürste und Schlafanzug im Gepäck meldete sich am Dienstag einer der meistgesuchten Verbrecher Deutschlands – und zwar im Kriminalgericht Moabit. Der Betrüger Patrick Schneider soll den „Fahndungsdruck nicht mehr ausgehalten“ haben, teilte die Justiz gestern mit. Zielfahnder der Berliner Polizei waren dem 36-Jährigen seit Wochen auf den Fersen.

Am Freitag war der Mann den Polizisten entwischt, als diese die Wohnung seiner ehemaligen Freundin in Brandenburg stürmen wollten. Minuten zuvor soll Schneider jedoch gewarnt worden sein. „Das war extrem knapp“, sagte ein Ermittler. Gegen den Tippgeber soll nun wegen Strafvereitelung ermittelt werden. Gegen Schneider lag ein internationaler Haftbefehl wegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrott vor.

Schneider hatte sich viele Millionen Euro erschlichen und war daraufhin für Jahre untergetaucht. Das letzte Lebenszeichen von ihm stammte von März 2001: Damals meldete er sich bei seinen Eltern, die in Thüringen wohnen. Die Fahnder vermuteten, dass er sich in Spanien oder im deutschsprachigen Ausland aufhielt. Vor Wochen setzte die Polizei dann eine Belohnung in Höhe von 3000 Euro aus, das Foto von Schneider wurde in vielen Zeitungen und Fernsehsendungen veröffentlicht. Drei seiner vier Komplizen wurden mittlerweile zu Haftstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt. Das Urteil gegen den 53-jährigen vierten Helfer steht noch aus.

Schneider, der Kopf der Bande, scheint zuletzt zunehmend unter Druck geraten zu sein. Dabei hat sich Schneider durchaus clever verhalten, er schien sämtliche Tricks der Fahnder zu kennen. Schneider arbeitete in den Achtzigerjahren bis zur Wende bei der Stasi – in der Spionageabwehr. Die Polizei warnte in dem Fahndungsaufruf davor, dass Schneider bewaffnet sein könnte, gelernt hatte er das Schießen in der DDR.

Als er am Dienstag den Nebeneingang des Gerichts an der Wilsnacker Straße betrat, wurde er wegen seiner vielen Taschen zunächst abgewiesen. Als Schneider sagte, dass er gesucht werde, überprüften ihn die Justizangestellten. Schneider wurde anschließend einen Block weiter zur Untersuchungshaft in Moabit gebracht. Wann der Prozess dort beginnt, steht bislang noch nicht fest.

Schneider wird vorgeworfen, mit seinen vier Komplizen Schäden in Millionenhöhe verursacht haben. Unter dem Deckmantel einer renommierten Anwaltskanzlei, die nichts von den Geschäften der Schneider-Bande wusste, hatten die Täter insolvenzgefährdete Gesellschaften betreut – und letztendlich betrogen. Gleichzeitig hätten die Täter Gesellschaftsvermögen beiseite geschafft und Geschäftskonten genutzt, um Herkunft und Verbleib von Geldern aus Betrugstaten zu verschleiern, beziehungsweise zu „waschen“. So beschreibt die Justiz das Vorgehen. Auch seien Waren ohne Bezahlung gekauft worden.

Die Fahnder beschrieben Schneider so: Er habe ein vertrauenerweckendes Wesen, er sei durchaus überzeugend als Rechtsanwalt aufgetreten, ohne eine juristische Ausbildung gehabt zu haben. Niemand soll diese Täuschung gemerkt haben; ebenso gut konnte Schneider einen Schweizer mimen – mit perfektem schweizerdeutschen Akzent. Doch die Zielfahnder des Berliner Landeskriminalamts (LKA) wussten auch das – und konnten so immer mehr den Druck erhöhen.

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