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Berlin: Millionengeschenk vom Versandhauskönig

Werner Otto spendet dem Schauspielhaus 4,5 Millionen Euro

Von Matthias Oloew

Tage wie dieser sind in den Terminkalendern von Intendanten selten. Frank Schneider, Hausherr im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, hatte gestern die Freude, solch einen Tag zu erleben: Rund 4,5 Millionen Euro hat er bekommen, von einem Mäzen, der den Umbau des Probensaales zu einer weiteren Spielstätte unterm Dach des Schinkel-Baus finanziert. Der Mäzen heißt Werner Otto, ist 92 Jahre alt und Gründer des Otto-Versandhauses, dem es mit der nach ihm benannten Stiftung vor allem um zweierlei geht: die Gesundheit von Kindern und die Bewahrung von nationalem Kulturgut.

Otto, der die Leitung des Unternehmens vor mehr als 20 Jahren an seinen Sohn abgab, gründete in Hamburg ein Behandlungszentrum für Krebskrankheiten im Kindesalter, er förderte in Potsdam die Sanierung des Belvedere auf dem Pfingstberg und in Seelow den Wiederaufbau des Kirchturms. Letzteres hatte für Otto besondere Bedeutung: In Seelow wurde er am 13. August 1909 geboren, in der Kirche schließlich getauft. Im künftigen Werner-Otto-Saal im Schauspielhaus wird nicht nur das hauseigene Orchester proben. Hier soll es auch Konzerte und Lesungen geben. Die Sanierung und der Umbau des Saales war für Intendant Schneider dringend nötig: „Die Akustik war diametral zu der in den Konzertsälen“, eine fruchtbare Arbeit kaum möglich. Auf die Probensäle in der Philharmonie konnte sein Orchester nicht immer ausweichen, dafür fehlt das Geld. Otto und Schneider setzten gestern ihre Unterschriften unter den Sponsorenvertrag. Dass weder der Kultursenator noch seine Staatssekretärin zugegen waren, erklärt die Sprecherin der Verwaltung mit „Terminschwierigkeiten“. In vier Wochen, wenn der Architekt seine Pläne für den Umbau vorstellt, wolle Thomas Flierl jedoch dabei sein.

Die Bauarbeiten haben unterdessen bereits begonnen. Der Saal wird nicht nur mit der neuesten Technik bestückt, sondern mit Hubpodien ausgestattet, die es ermöglichen, die Bühne mal vorne, hinten oder in der Mitte des Raumes aufzubauen. Ein Multifunktionssaal mit modernem Interieur, der nicht nur für Konzerte, sondern auch für Lesungen oder gesellschaftliche Anlässe genutzt werden kann. Ausreichend Platz für das Catering ist ebenfalls eingeplant. „Das befreit uns ein wenig von den terminlichen Zwängen“, sagt Schneider. Gesellschaftliche Ereignisse, wie die Verleihung der Goldenen Kamera oder politische Festakte, haben in der Vergangenheit die künstlerische Terminplanung des Hauses immer wieder durcheinander gebracht. Seit vier Wochen sind die Bauarbeiter am Werk, im Februar des kommenden Jahres soll alles fertig sein.

Die Vereinbarung mit Werner Otto hat Frank Schneider von langer Hand vorbereitet. Auslöser war der 90. Geburtstag des Mäzens, den Werner Otto vor mehr als zwei Jahren gerne im Schauspielhaus feiern wollte. Schneider warf zunächst seine Stirn in Falten, weil er sein Haus, das er oft für nicht-kulturelle Ereignisse zur Verfügung stellt, nicht auch noch für Familienfeiern hergeben wollte. Dann besann er sich eines Besseren und nahm die Feier zum Anlass, mit Werner Otto zu sprechen. Ab da war der Umbau des Orchesterprobensaals beschlossene Sache. „Dieses Engagement sollte ein Beispiel geben“, sagt Schneider. Den gestrigen Tag will er sich rot im Kalender anstreichen.

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