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Berlin: Millionengewinn oder Nullsummenspiel?

Die Gemeindefinanzreform bringt der Stadt Berlin Geld ein, das vom Land Berlin wieder eingezahlt werden muss

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Bund will die Städte und Gemeinden 2004 um 4,5 Milliarden Euro entlasten. Ob Berlin aus diesem Reformpaket Honig saugen kann, wussten gestern selbst erprobte Rechenkünstler nicht zu sagen. „Viel wird wohl nicht für uns herausspringen“, meinte der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck. Das liege daran, dass Berlin zugleich Land und Kommune ist. Die Bundesregierung will die finanziellen Entlastungen für die Kommunen großenteils von den Ländern bezahlen lassen. Wenn es so kommt, wandert das liebe Geld in Berlin bloß von der rechten in die linke Tasche.

Senatssprecher Michael Donnermeyer traute sich noch keine Bewertung der Reformpläne zu. Der Senat warte ab, bis die Umsetzung des Hartz-Modells, die Entlastung der Gemeindefinanzen und die vorgezogene Steuerreform zu einem Paket geschnürt seien. „Entscheidend ist für uns, was für das Land Berlin am Ende herauskommt.“ Das sei jetzt noch nicht zu übersehen. Wesentlich optimistischer ist der Haushaltsexperte der Grünen, Jochen Esser. Was auch damit zusammenhängen könnte, dass die Grünen in der Bundesregierung sitzen. Seiner Rechnung nach könnte die kommunale Finanzreform einen dreistelligen Millionenbetrag in die Landeskasse spülen.

Was will die Bundesregierung im Einzelnen, und was bedeutet das für Berlin? Von der Einbeziehung der Freiberufler – Anwälte, Ärzte, Steuerberater usw. – in die Gewerbesteuer wird Berlin (als Stadt) profitieren. Als Land wird Berlin aber Federn lassen müssen. Denn nach den Plänen der rot-grünen Koalition dürfen die Freiberufler ihre Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer verrechnen, was die Einnahmen aus diesem Topf schmälert.

Auch ein höherer Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer (3,6 statt bisher 2,2 Prozent) führt zu Mehreinnahmen für die Kommune Berlin. Aber der Bund erwartet, dass die Lasten dieser Umverteilung großenteils von den Ländern getragen werden. Für die Stadtstaaten wäre das fast ein Nullsummenspiel. So richtig lohnend für Berlin dürfte nur die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe werden. Die Großstädte mit vielen Sozialhilfeempfängern – und dazu gehört die Hauptstadt – werden davon besonders profitieren.

Die Auflage des Bundes, dass die Kommunen einen Teil der Mehreinnahmen für den Ausbau der Kinderbetreuung verwenden sollen, träfe Berlin nicht. Da gibt es keinen Nachholbedarf. Es könnte also durchaus sein, dass die geplante Gemeindefinanzreform dem Stadtstaat Berlin – summa summarum – zusätzliches Geld einbringt. Aber die vorgezogene Steuerreform wird diesen geldwerten Vorteil möglicherweise wieder auffressen. Wenigstens zum Teil. Die Planungen auf Bundesebene seien noch viel zu vage, winkt die Finanzverwaltung ab. Sie will erst dann Zahlen nennen, „wenn klar ist, was der Bundesrat von den Plänen der Bundesregierung übrig lässt“.

Im Moment ist aber gar nichts klar. CDU und FDP, die die Ländermehrheit repräsentieren, halten auch in Berlin nichts von den jüngsten Beschlüssen. Die Gemeindefinanzreform sei „eine versteckte Steuererhöhung“, sagt CDU-Fraktionschef Nikolas Zimmer. Außerdem verspäte sich die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe um ein halbes Jahr. Martin Matz von der FDP hält die Ausdehnung der Gewerbesteuer auf die Freiberufler für einen schweren Fehler. „Diejenigen werden belastet, von denen sich Berlin so viel erhofft“.

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