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Berlin: Millionenschäden durch Diebstahl in Solarparks

Keine Bewachung, niedrige Zäune: Die Polizei spricht von einem „Selbstbedienungsladen“ für Verbrecher – und erhöht den Druck.

Erkner - Die Betreiber des Solarparks in Jännersdorf im Brandenburger Nordwesten hatten Glück. Zwar waren bei einem Einbruch auf ihr Gelände mehrere Dutzend Module im Gesamtwert von 135 000 Euro gestohlen worden, aber die Polizei fand die Anlagenteile kurze Zeit später in einem Kleintransporter mit polnischen Kennzeichen kurz vor der Grenze. Die Beschreibung des Fahrzeuges durch einen Zeugen, der die Täter beim Durchschneiden des Zaunes an einem Wald und bei der anschließenden Demontage der Module beobachtet hatte, lieferte die Anhaltspunkte für die Durchsuchung des Kleintransporters. Der kurze Zeit später erfolgte Vergleich der Seriennummern auf den Modulen und auf den übermittelten Papieren der Betreiber ließ keinen Zweifel zu: Im Laderaum befanden sich die im Jännersdorfer Solarpark fehlenden Teile. Die zwei Insassen aus Polen wurden festgenommen.

Dieser Ermittlungserfolg gehört eher zu den Ausnahmen in dieser seit einigen Jahren von stark anwachsenden Fallzahlen dominierten Kriminalitätsbranche. „Der Schaden durch Diebstähle von Solarmodulen lag im vergangenen Jahr allein in Brandenburg bei rund zwei Millionen Euro“, sagt der Chef der eigens für die Aufklärung gegründeten Sonderkommission „Sonne“, Kriminalhauptkommissar Detlef Schaulandt. „Wir sprechen inzwischen von einem organisierten internationalen Bandendiebstahl.“

Dafür spricht schon die Tatsache, dass bei einer Vielzahl der mehr als 60 Angriffe auf Solarparks im Vorjahr Täter aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern ermittelt oder zumindest vermutet werden. „Wir versuchen, die Absatzstrukturen zu ermitteln“, erklärt der Kriminalhauptkommissar. „Es gibt offenbar einen wachsenden Markt für Solarmodule im östlichen Ausland, weil dort nach dem Vorbild Deutschland ebenfalls eine garantierte Einspeisevergütung für Strom aus alternativen Energiequellen vorbereitet wird.“ Möglicherweise arbeiten die Banden aber auch mit Hehlern in Deutschland zusammen, die das Diebesgut über das Internet äußerst preisgünstig anbieten.

Bevorzugtes Ziel der Banden sind die oft etwas fern der Siedlungen gebauten Solarparks. Sie entstanden auf früheren Truppenübungsplätzen, Gewerbeflächen oder Flugplätzen. Zum Ärger der Polizei ist ein Einbruch in die Parks oft nicht schwer. Das seien richtige „Selbstbedienungsläden“. Manchmal würden die Betreiber erst beim sechsten oder siebten Angriff reagieren und in höhere Zäune und Tore oder eine Videoüberwachung investieren, heißt es aus Ermittlerkreisen. Mitunter fahren die Diebesbanden auch Baustellen für künftige Solarparks an und laden die abgelegten Module in aller Ruhe in ihre Transporter. Das geschah erst kürzlich auf einem Teil des Flugplatzes Neuhardenberg.

Im Durchschnitt werden pro Diebstahl 90 bis sogar 450 Module gestohlen. Da ein Kleintransporter aber nur 100 bis 150 Teile fasst, sind in der Regel zwei oder drei Fahrzeuge am Raubzug beteiligt. Videoaufnahmen zeigen bis zu zwölf Täter, die innerhalb kurzer Zeit einen ganzen Park abräumen. Spezielle Befestigungsschrauben an den Gestellen bieten nur eine geringe Sicherheit. Professionell arbeitende Diebe lösen diese natürlich.

Die Brandenburger Sonderkommission „Sonne“ mit Sitz in Erkner hat bereits mehrere Täter festnehmen können, die auch wegen des Diebstahls verurteilt worden. Aber die hohe Gewinnspanne beim Verkauf der rund 300 Euro teuren Module lockt immer neue Banden an. Claus-Dieter Steyer

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