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Berlin: Mindestlohn nur für Landesaufträge

Rot-Rot droht Ärger um das Vergabegesetz

Potsdam – Wer öffentliche Aufträge in der Hauptstadtregion ergattern will, wird es in der Mark leichter haben als in Berlin: Brandenburg erhält jetzt definitiv ein liberaleres Vergabegesetz als die ebenfalls rot-rot regierte Hauptstadt. Das geht aus dem Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Wie in Berlin sollen Landesaufträge zwar auch nur an Firmen vergeben werden, die einen Bruttostundenlohn von mindestens 7,50 Euro zahlen. Das Brandenburger Gesetz beschränkt sich auf Mindestlöhne und auf eine Verpflichtung der Unternehmen, keine Produkte aus „ausbeuterischer Kinderarbeit“ zu verwenden. Berliner Firmen müssen noch mehr Bedingungen wie die Einhaltung von Sozial- und Ökostandards erfüllen und Nachweise zur Frauenförderung erfüllen.

Mit dem Gesetzentwurf, der strenge Kontrollen vorsieht, hält sich Christoffers weitgehend an Vorgaben des Kabinetts. Trotzdem gibt es Unmut in beiden Regierungsfraktionen darüber, dass der Entwurf zu wirtschaftsfreundlich sei. Der Ärger ist in der SPD sogar größer als bei den Linken. Auch der sozialdemokratische Sozialminister Günther Baaske versucht weiterhin, das Brandenburger Gesetz dem Berliner anzunähern, weshalb sein Ministerkollege Christoffers damit rechnet, dass sein Gesetz im parlamentarischen Verfahren des Landtages noch verschärft wird. Nachdem gerade das Schüler-Bafög für Abiturienten aus ärmeren Familien beschlossen wurde, begleitet von heftigen Auseinandersetzungen, droht damit neuer Ärger für Rot-Rot.

Nach dem 26-Seiten-Gesetzentwurf gilt die Mindestlohnvorgabe für alle öffentlichen Aufträge ab 5000 Euro. Aber der Teufel steckt weiter im Detail. So gibt es im Bewachungsgewerbe einen Tariflohn, der unter den 7,50 Euro liegt. Die SPD-Fraktion drängt darauf, dass auch solche Branchen auf den künftigen Brandenburger Mindestlohn verpflichtet werden, und zwar ohne Schlupflöcher. Das Wirtschaftsministerium sei eben zu lange CDU-geprägt, heißt es in der SPD. Umstritten ist auch, dass der künftige Mindestlohn nur für Landesaufträge gilt, nicht aber für Kommunen. Den Gemeinden, Städten und Kreisen soll es freigestellt werden, ob sie das Gesetz für ihre Aufträge anwenden. Es drohe ein „Flickenteppich“, heißt es in einem internen Papier der Linke-Fraktion.

Die Opposition lauert bereits darauf, nach dem Bafög-Gesetz auch das Vergabegesetz zu zerpflücken, mit dem SPD und Linke ihre Wahlversprechen und den Koalitionsvertrag umsetzen. Vor diesem Hintergrund wird im Gesetz argumentiert, dass ein gesetzlicher Mindestlohn nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer liegt, sondern auch der Firmen: Denn es würden „rechtstreue Arbeitgeber“ geschützt.Thorsten Metzner

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