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Berlin: Minister muss gutes Geschäft erklären

Staatsanwalt ermittelt nach lukrativem Weiterverkauf eines einstmals landeseigenen Grundstücks. Verantwortlich war das Finanzministerium. Dessen Chef Helmuth Markov hat bis heute keine Bedenken.

Potsdam/Oranienburg - Auch wenn die Ermittlungen in der Krampnitz-Affäre eingestellt worden sind, bleiben die Geschäfte des früheren Landesunternehmens BBG mit ihrem Exinhaber Frank Marczinek im Visier der Staatsanwaltschaft. Nach dem Bericht des RBB vom Mittwochabend über Grundstücksgeschäfte der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) mit einem früheren Militärflugplatz der Sowjets in Oranienburg (Oberhavel) hat sich die Staatsanwaltschaft Potsdam eingeschaltet. „Wir ermitteln. Es besteht ein Anfangsverdacht auf Untreue“, sagte ein Sprecher.

Der Fall in Oranienburg erinnert auffällig an Grundstücksgeschäfte der BBG in Bad Saarow (Oder Spree). Es geht um einen kleinen Kreis von Personen, um In-sich-Geschäfte und – so der Verdacht – zum Schaden des Landes zu billig verkauftes Staatseigentum, das dann teuer vermarktet wurde. Zentrale Figur dabei ist Frank Marczinek, der die 2006 unter Exminister Rainer Speer (SPD) privatisierte BBG übernahm. Im Landesauftrag und mit üppigem Geschäftsbesorgungsvertrag ausgestattet soll das Unternehmen frühere Militärflächen in Brandenburg verkaufen – und zwar zum besten Preis, der erzielt werden kann.

Doch in Oranienburg, wo auf dem früheren Flugplatz der Sowjets ein Gewerbegebiet entwickelt wurde, soll nicht der beste Preis erzielt worden sein. Es geht um 65 Hektar, ein alter Hubschrauberflugplatz der Roten Armee. Die BBG verkauft das Gelände im Jahr 2009 für 205 000 Euro an die Firma Berlin-Brandenburger Flächenentwicklungs GmbH (BBF), Geschäftsführer waren dort damals Reinhard Weise und Jesus Commissana. Weise war bis 2008 selbst bei der BBG. Diese Ex-Landesfirma mit ihrem Chef und Eigentümer Marczinek war Gesellschafter bei der BBF, also bei jener Firma, an die der Flugplatz im Landesauftrag für 205 000 Euro verkauft wurde und die alles gewinnbringend weiterverkaufte. Ein Teil des Areals ging an den Lebensmittelkonzern Rewe – für 5,6 Millionen Euro. Insgesamt soll kurze Zeit nach dem Verkauf des Landeseigentums die Hälfte der Fläche für insgesamt mehr als acht Millionen weiterverkauft worden sein. „Diese explosive Steigerung ist nicht zu erklären“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Eigentlich gibt es für solche In-sich-Geschäfte eine Genehmigungsklausel in dem Vertrag, den das Land 2006 mit den Käufern der vormals landeseigenen BBG abgeschlossen hat. Demnach müssen Beteiligungen des Verkäufers auf der Käuferseite vom Finanzministerium abgesegnet werden. Dort ging das Flugplatz-Geschäft einfach durch, Bedenken gab es offenbar nicht. Auch heute noch hat Finanzminister Helmuth Markov (Linke) keine Bedenken. Nach Durchsicht der Akten sehe er kein Anzeichen für „Unrechtmäßigkeit“ und für einen Schaden, hieß es aus dem Ministerium. Rewe hatte sich nach den neuen Erkenntnissen damals schon längere Zeit um die Fläche für ein Zentrallager bemüht. 2010 hat der Konzern bei der BBG ein Angebot über 5,6 Millionen Euro abgegeben, es gab auch erste Gespräche. Die BBF hatte mit einem Gebot von 325 000 Euro zunächst keine Chance. Dennoch gab Marczinek später der BBF den Zuschlag, angeblich weil Rewe ein erschlossenes Grundstück verlangte.

Die BBG wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück. Demnach hätte ein Gutachter festgestellt, dass für die BBG nach den örtlichen Bodenpreisen für Gewerbeflächen abzüglich aller Kosten für Abbruch alter Gebäude, Munitionsberäumung, Erschließung und Schaffung von Planungsrecht sogar ein negativer Verkehrswert herausgekommen wäre. Zudem verwies die Firma auf die Lage damals: Für die Stadt Oranienburg ging es um eine Investition von 60 Millionen Euro und 350 Arbeitsplätze, Rewe machte offenbar Druck, es musste alles ganz schnell gehen. Der Mitteilung zufolge hätte der Käufer der Flächen, an dem die Ex-Landesfirma Anteile hielt, das bewältigen können. „Ein spekulativer Weiterverkauf hat somit definitiv nicht stattgefunden.“

Dennoch wollen sich CDU und Grüne mit dem Oranienburger Fall im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Immobilienaffäre befassen. Die neuen Vorwürfe seien ein weiterer Beleg dafür, dass der Untersuchungsausschuss mehr denn je gebraucht werde, um undurchsichtige Geschäfte der BBG zu beenden, sagte CDU-Obmann Dierk Homeyer. „Es muss endlich Schluss sein mit der Verschwendung von Landesvermögen.“ SPD und Linke dagegen würden den Ausschuss am liebsten beerdigen. Dass bei der größten Immobilienaffäre Brandenburgs aufseiten der Landesregierung geschlampt und zu wenig kontrolliert wurde, steht fest. Markov hatte wegen der Erkenntnisse aus dem Ausschuss bereits die Zügel gegenüber der BBG angezogen und die Regeln verschärft. Ob auch Betrug und Untreue im Spiel waren – das verneinte die Staatsanwaltschaft zumindest im  Fall Krampnitz. Lediglich einer der damaligen Käufer der Kasernen in Potsdams Norden wurde jetzt wegen falscher uneidlicher Aussage vor dem Untersuchungsaussschuss angeklagt.

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