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Berlin: Miss Jingle Bells

„Ach, jeder mag Weihnachten“, sagt Susann Malinowski-Märtens. So viel positive Grundeinstellung muss sein bei ihrem Job. Die Solotänzerin des Friedrichstadtpalastes darf vier Monate Vorfreude aushalten. Denn die Proben für die Festtagsrevue beginnen im Spätsommer

Diese Frau ist ein überzeugter Weihnachtsfan. „Ach, jeder mag Weihnachten“, sagt Susann Malinowski-Märtens, Solotänzerin des Friedrichstadtpalastes. Festtagsmuffel ignoriert sie geflissentlich. Gerne schlendert sie über Weihnachtsmärkte, schaut die Buden an und erfreut sich an der Stimmung. Diese positive Grundeinstellung ist keine schlechte Voraussetzung für ihren Job. Zurzeit steht die schöne Tänzerin in der Weihnachtsrevue „Jingle Bells“ auf der Bühne. Dadurch wird ihre Festzeit ganz schön lang. Denn die Proben beginnen bereits im September.

Da stieg diesmal das Thermometer noch auf knapp dreißig Grad. Der Spätsommer zeigte sich von seiner allerschönsten Seite. Im Ballettsaal erklingen „I’ll be home for Christmas“ und „O du fröhliche“. Zu „Jingle Bells“ schwitzen die Solistin und die anderen Tänzerinnen aus der Girl-Reihe und studieren die Choreographie für das Entree der Weihnachtsshow ein. „Manchmal fällt es einem schwer, sich weihnachtliche Stimmung vorzustellen“, sagt Susann Malinowski. Aber wenn in der Adventszeit eine perfekte Revue für die festlichen Tage über die Bühne gehen soll, fängt man frühzeitig an, daran zu arbeiten. Selbst wenn einen eigentlich eher sommerliche Gefühle umtreiben und die Gedanken an Tannenbaum und Schneemänner ganz weit weg sind. Andere rüsten zu der Zeit ja auch schon zum Fest: Lebkuchen und Spekulatius füllen die Regale der Supermärkte.

Susann Malinowski hat die Weihnachtsshow seit der ersten Saison vor sechs Jahren mitgemacht. Mit der Zeit hat sie ein feines Gespür dafür bekommen, dass die Zuschauer in der Woche vor dem Fest am empfänglichsten für die Weihnachtsvorstellungen sind. Anfangs sind sie noch zurückhaltend, in den drei Tagen nach Heiligabend dann schon wieder ein wenig übersättigt.

Die Tänzerin empfindet das weihnachtliche Programm, das stets ausgebucht ist, durchaus als Abwechslung zum sonstigen Revue-Alltag. Nur wenn die Show gar zu besinnlich wird, dann wird es auch ihr zu viel. Bei der diesjährigen Inszenierung braucht die 31-Jährige das nicht zu befürchten. Tempo garantiert schon die quirlige Entertainerin Gayle Tufts, die das Publikum auf einer weihnachtlichen Weltreise durch Russland, Amerika und Argentinien führt. Unter Palmen tanzt Susann Malinowski mit ihren Partnern auf eine lateinamerikanische Ballade einen dramatischen „Pas de trois“, weit entfernt von heimatlichem Weihnachtskitsch. Einen Tanz von Leidenschaft und Liebe. Das Thema: ein Mann zwischen zwei Frauen. Für ihre Ausdrucksstärke und ihre Natürlichkeit, die trotz des dicken Revue-Make-ups unübersehbar ist, liebt das Publikum die Solotänzerin. Revuekenner wissen, dass manche Besucher nur ihretwegen zur Show kommen. Nach der Ausbildung an der Palucca-Schule in Dresden begann sie vor zehn Jahren ihr Engagement im Friedrichstadtpalast. Eine Karriere auf einer klassischen Bühne kam nicht in Frage. Das lag nicht am Können. Für das klassische Ballett ist sie mit 1,76 Metern einfach zu groß. Auf der Revuebühne dagegen sind Größe und lange Beine überhaupt kein Nachteil.

Für ihr privates Weihnachtsfest hat Susann Malinowski nicht viel Zeit. Es bleibt eigentlich nur der Heiligabend. Aber da gibt’s „die volle Nummer“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Mit Geschenken unterm Weihnachtsbaum im Kreis der Familie. Und auf den Tisch kommt auf jeden Fall eine ordentliche Weihnachtsgans. Die brät ihr Mann. Darf eine Tänzerin so etwas essen, ist der Braten nicht viel zu fett? Da lacht die Schlanke nur. „Die sechs Vorstellungen in den darauf folgenden drei Tagen halten mich schon fit.“ Denn direkt am 1. Weihnachtstag geht es weiter mit der Show. Wenn am 27. Dezember der letzte „Jingle-Bells“-Vorhang fällt, reicht es selbst Susann Malinowski für dieses Jahr. Vier Monate Weihnachten sind denn doch genug.

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