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Missbrauchsskandal: Entschädigung: Möglich sind nur Zivilklagen

Was für Möglichkeiten auf Schadensersatz haben die Betroffenen?

Kindsmissbrauch bewegt die Bevölkerung wie kaum ein anderes Verbrechen. Mehr als 100 missbrauchte Schüler haben sich zum aktuellen Skandal an deutschen Jesuiten-Schulen bisher gemeldet. Viele fragen: Was für Möglichkeiten auf Schadensersatz haben die Betroffenen? Fakt ist, die Strafverfolgung dieser Täter ist verjährt. Denn strafrechtlich gilt, dass Täter wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern grundsätzlich noch zehn Jahre nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres ihrer Opfer angeklagt werden können – bei besonders schweren Vergehen noch zwanzig Jahre.

„Eine Zivilklage ist hingegen noch möglich“, sagt die Kieler Strafrechtlerin Monika Frommel, „weil der körperliche Schaden erst 30 Jahre nach der Tat verjährt. Das bedeutet aber auch, dass die Pflicht zur lückenlosen Aufklärung bei den Betroffenen liegt.“

Die Berliner Rechtsanwältin Manuela Groll hat den Versuch angekündigt, eine Zivilklage für eines der Opfers durchzusetzen. Ihre Begründung: Die Schulleitung habe in den 70er und 80er Jahren trotz vieler Hinweise nicht verhindert, dass noch weitere Menschen geschädigt wurden. „Unseres Wissens ist noch keine Klage eingegangen“, sagt Ulrich Wimmer, Sprecher der Berliner Zivilgerichte. Auch über den Versuch des Berliner Anwalts Lukas Kawkas, eine Sammelklage gegen den Jesuiten-Orden in den USA zu bewirken, sei noch nichts bekannt.

Frommel schätzt die Chancen einer Zivilklage jedoch als eher schlecht ein. „Im Missbrauchsfall ist es juristisch gesehen leichter, gegen einen Täter als gegen eine Institution zu klagen.“ Zudem sei es für die Opfer ungeheuer schwierig, den Tatnachweis zu führen. Das sei bei der katholischen Kirche schwer und in einer Behinderteneinrichtung nicht anders.

„Die Frage ist auch, ob die Klage überhaupt zugelassen wird, denn ein Organisationsverschulden ist schwer zu beweisen“, sagt Georg Ehrmann, Vorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. Die Schuldkette reiße da meist schon ab, weil es der Institution gelinge, sich herauszureden. Dennoch sei es in vielen Fällen schon zu freiwilligen Zahlungen an die Betroffenen gekommen. „Die mussten dann allerdings ein Stillschweigeabkommen unterschreiben.“

Was fehle, seien klare Standards, wie eine Institution bei einem Verdacht vorzugehen habe, sagt Fromm. Wenn der Schule dann ein Fehler nachgewiesen werden könne, würde sich die Beweislast umdrehen, was eine Zivilklage erleichtere. „Das würde auf lange Sicht wiederum die Kontrollen verbessern und das Risiko von Missbrauch für die Zukunft minimieren.“ Hadija Haruna

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