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Berlin: Missionare des Ehrenamtes

Ohne sie könnten viele Vereine nicht überleben: Es sind Visionäre und harte Arbeiter zugleich – die Sportfunktionäre. Drei Beispiele aus dem Tischtennis, Hockey und Badminton.

Es gibt einen Kosebegriff für sie. Man nennt sie liebevoll: positiv verrückt. Sie treten gern in Sportvereinen auf. Dort opfern sie unendlich viel Zeit und sind sich auch nicht zu schade, Mädchen für alles zu sein. Einige allerdings ragen aus dem Pool dieser ehrenamtlichen Helfer und Funktionäre heraus. Weil sie erfolgreich sind und sich durch jahrzehntelange Arbeit in der Berliner Sportwelt einen Namen gemacht haben. Hier drei Beispiele: Rainer Behnisch, Manager des Bundesligaklubs BC Eintracht Südring, steht für Badminton, Kollege Rainer Lotsch vom Damen-Bundesligisten 3B Berlin für Tischtennis, und der Abteilungsleiter des TuS Lichterfelde, Hans-Peter Metter, für Hockey. Wie aber kommen die drei Herren dazu – und vor allem, warum bleiben sie so lange dabei?

Das kann verschiedene Gründe haben.

Beispiel eins: Rainer Behnisch. 1982 startete Eintracht Südring eine Schnupper-Aktion für Kinder. Behnisch, der damals an vielen Sportarten interessiert war und als junger Mann unter anderem auch geboxt hat, schickte seine achtjährige Tochter Annika hin. Er und seine Frau saßen dann regelmäßig auf der Tribüne und schauten zu. „Irgendwann sagte meine Frau dann: Das ist was für uns", erzählt Behnisch. Und so haben die beiden angefangen, miteinander zu spielen. Das gefiel ihnen sehr gut. Behnisch übernahm daraufhin verschiedene Ämter: Jugendwart, Materialwart, 2. Vorsitzender, und neun Jahre lang 1. Vorsitzender.

Und schon bald, 1986, begann der selbständige Holzkaufmann Behnisch, die erste Mannschaft, die damals noch in der Regionalliga spielte, aufzubauen. „Ich dachte mir, lasst uns nach oben gehen." Und so begann das Experiment. Behnisch bündelte die spielerischen Kräfte in Berlin und holte Weltklassespieler aus Europa. Dabei sind vier deutsche Meisterschaften herausgesprungen und 1999 der Europapokal der Landesmeister. Natürlich gab es auch Enttäuschungen. „Mir ist es beispielweise nie gelungen, einen längerfristigen Sponsor zu finden, wir müssen immer von Jahr zu Jahr planen", sagt Benisch. Dennoch war der sportliche Erfolg immer vorhanden. „Die glücklichen Stunden sind in der Überzahl“, sagt Behnisch, der am Freitag 60 Jahre geworden ist. Außerdem mache es Spaß, mit jungen Menschen umzugehen. „Sie akzeptieren mich so, wie ich bin.“

Beispiel zwei: Rainer Lotsch. Im Gegensatz zu Behnisch war Lotsch schon als Kind seiner Sportart Tischtennis verbunden. Dem ursprünglich aus Dessau stammenden Lotsch, Jahrgang 1939, war aber schnell klar, dass er als Spieler keine Karriere machen würde. Deshalb arbeitete er bereits mit 19 Jahren beim SC Einheit Berlin als Übungsleiter und erwarb wenig später die höchste Trainerlizenz in der DDR. 1965 beendete der studierte Staats- und Rechtswissenschaftler dann auch seine Trainertätigkeit und wurde ein Jahr später, mit 27 Jahren, Vorsitzender des Ost-Berliner Tischtennis-Verbandes.

Parallel engagierte er sich in seinem Verein, der 1968 und 1969 den Europacup der Landesmeister bei den Damen gewann. „Damals haben wir Tischtennisbälle mit dem Diplomatenpass aus China eingeschmuggelt“, sagt Lotsch. Dann kam die Wende, und alles wurde anders. Lotsch musste sich auf die neue Situation einstellen. Finanziell und vom sportlichen Niveau. Und so dachte er sich damals: „Was ein Mal geklappt hat, kann auch ein zweites Mal klappen.“

Dabei kam ihm der Zufall in Form der Ausrüsterfirma Joola zur Hilfe. Joola leistete die erste Zeit „Entwicklungshilfe“ und belieferte den Verein kostenlos mit Material. Daraus wurde eine längerfristige Partnerschaft. „Das war mehr als Glück“, findet Lotsch. 2002 wurde der mittlerweile in 3 B Berlin umbenannte Verein Vizemeister und Europapokalsieger. „Ich war immer ein Erfolgsmensch, das entspricht meinem Charakter“, sagt der Rentner zufrieden. Und Erfolg macht Spaß. Aber noch wichtiger ist ihm „das Vertrauen, das man von den Spielern zurückbekommt. Das ist auch ein Glück“.

Beispiel drei: Hans-Peter Metter. Bei dem 1. Vorsitzenden des TuS Lichterfelde hat es ähnlich wie bei Rainer Lotsch angefangen. Vor 25 Jahren wollte Metter, der selbst Hockey spielt, seinen sechsjährigen Sohn in einem Verein anmelden. Den Vereinen war sein Sohn aber zu jung. Da erfuhr Metter, dass Klaus Podlowski dabei war, eine Hockeyabteilung beim TuS Lichterfelde zu gründen. Und Metter machte mit. Parallel dazu erwarb er Trainerscheine und hatte das Glück, eine sehr talentierte Kindergruppe zu betreuen, die von der untersten Klasse bis in die zweite Bundesliga aufgestiegen ist. „An dieser Mannschaft ist die Hockeyabteilung gewachsen“, sagt der 60-Jährige, „geplant war das aber nicht.“ Mittlerweile hat der Verein 50 erwachsene und 200 jugendliche Mitglieder. Die Herren und Damen spielen jeweils in der Halle in der Ersten und auf dem Feld in der Zweiten Bundesliga.

Am Hockey gehalten hat den Ausbildungsleiter für Chemielaboranten an der FU Berlin „eine innerer Trieb, der durch Leistung befriedigt wird“. Aber er spricht auch von Herzblut, das reichlich in den Verein geflossen sei. Daher hat Metter bereits einen Nachfolger eingeführt, der seine Arbeit weiterführt.

So sieht es im Übrigen auch Rainer Lotsch: „Ich schaue gerade nach einem Nachfolger, es ist wichtig, dass es weiter geht.“ Nur Rainer Behnisch ist pessimistisch: „Wenn ich es nicht mehr mache, wird es keine Bundesligamannschaft mehr geben.“ Hoffentlich irrt er sich.

Jörg Petrasch

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