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Der Geschmack von Freiheit. Für viele Jugendliche sind motorisierte Gefährte gleichbedeutend mit Unabhängigkeit.

© Mauritius Images

Berlin: Mit 45 Sachen in die Kurve

Bereits 15-Jährige sollen einen Moped-Führerschein machen dürfen. Das finden einige Experten zu riskant

Autofahrer beklagen sich schon jetzt häufig über die Roller- und Mofafahrer, die sich an den Autos vorbeischlängeln. Künftig könnten es noch mehr werden, wenn auch 15–Jährige im Straßenverkehr bis zu 45 Stundenkilometer schnelle Mopeds, Quads und Leichtkraftfahrzeuge steuern dürfen. Bislang war es Jugendlichen erst ab 16 Jahren erlaubt, den Führerschein der Klasse M zu machen. Nun soll dies schon ein Jahr früher möglich sein, wie der Verkehrsausschuss des Bundestages beschloss. Die Bundesregierung begründete ihren Gesetzesantrag damit, dass sich mit dem neuen Führerschein die Mobilität vor allem auf dem Land verbessern werde. Die FDP betonte, dass andere europäische Länder die entsprechenden Führerscheine schon mit 15 Jahren erlauben. Auch in der DDR sei dies so gewesen.

Der Berliner Fahrlehrerverband begrüßt die jetzt beschlossene Regelung. Bislang können 15-Jährige mit einer Mofa-Bescheinigung ein Fahrzeug mit bis zu 25 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit lenken. Dafür müssen sie lediglich sechs Doppelstunden Theorie absolvieren und eine Doppelstunde Fahrunterricht. Nach einer theoretischen Prüfung haben sie dann den Mofa-Führerschein. Es sei aber keine echte Fahrerlaubnis im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Und das Schlimme sei :„Es gibt kaum Mofas, die wirklich 25 Stundenkilometer fahren“, sagt der Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes, Peter Glowalla. „Die Mofas sind doch alle frisiert und fahren in der Regel 30 bis 60 Stundenkilometer.“ Dafür seien die Jugendlichen aber nicht ausgebildet. Deshalb sollten die 15-Jährigen lieber gleich den Führerschein der Klasse AM (ehemals M) machen, mit einer richtigen Grundausbildung. So seien die Jugendlichen besser auf den Straßenverkehr vorbereitet als bisher.

In Berlin rechnet Glowalla aber grundsätzlich nicht mit größeren Veränderungen auf den Straßen: „Ein paar 15-Jährige mehr im Straßenverkehr wird keiner merken.“ Dem Jahresbericht des Fahrlehrerverbands zufolge machten 2009 knapp 36 000 Menschen in Berlin einen Auto-Führerschein – aber gerade mal 117 einen Führerschein der Klasse M. In einer Großstadt sei die Gefahr auf den Straßen zu groß, sodass viele Eltern ihre Kinder lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren lassen, sagt Glowalla. Außerdem kostet ein Führerschein der Klasse AM zwischen 600 und 800 Euro. Deshalb rechnet Glowalla nicht mit einem massiven Anstieg.

Welche Auswirkungen die neue Regelung hat, ist insgesamt jedoch umstritten. Die Opposition im Bundestag und der Deutsche Verkehrsicherheitsrat (DVR) kritisierten die Pläne. Die DVR bezieht sich dabei auf Erfahrungen, die in Österreich gemacht wurden. Dort hat man bereits vor mehr als zehn Jahren die Altersgrenze für Mopeds mit 45 Stundenkilometer auf 15 Jahre gesenkt. Zwischen 2000 und 2009 haben sich die Mopedunfälle der 15-Jährigen mit Todesfolge um das Zehnfache erhöht. Deshalb wird das Heruntersetzen des Führerscheinalters von der Opposition als „massiv“ gefährlich für die Verkehrssicherheit eingeschätzt. Die Jugendlichen in diesem Alter hätten eine zu hohe Risikobereitschaft. Auch die Bundesanstalt für Straßenwesen befürchtet, dass Jugendliche in diesem Alter aufgrund ihres Entwicklungsstandes zu risikofreudig sein. Die Gefahrenwahrnehmung, das Präventionsverständnis und die Konzentrationsfähigkeit seien erst im Alter von 14 Jahren voll ausgebildet. Ein Jahr danach hätte die Jugendlichen noch nicht genug Erfahrungen gesammelt, um diese Fähigkeiten im Straßenverkehr ausreichend anwenden zu können. Sie bedürften einer intensiven Verkehrserziehung.

Marianna Mamonova

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