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Klaus Zapf, mehr als ein Berliner Unternehmer. Hier ein Foto aus dem Jahr 2005.

© Imago

Update

Mit 62 Jahren: Der schlaue Möbelpacker: Umzugsunternehmer Klaus Zapf gestorben

Seine gelben Umzugswagen fahren täglich durch die Hauptstadt. Jeder Berliner kennt die blaue Aufschrift "Zapf Umzüge": Überraschend ist Firmengründer Klaus Zapf gestorben. Er hatte Rudi Dutschke zu seinen Freunden gezählt und eine Karriere gemacht, wie sie wohl nur in Berlin denkbar war.

Bart, Bauch, Brille, und von allem reichlich – den Mann kannte ganz Berlin. Und den wichtigsten Teil seiner Karriere auch: Vom linksradikalen Möbelpacker zum Multimillionär, auch damit war er in der Stadt garantiert ein Unikum. Klaus Emil Heinrich Zapf sah meist aus wie ein Bedürftiger, sammelte Pfandflaschen, nannte sich „Rentner“ und ging nach dem Abschied von der Firma viele Jahre lang den Vorständen deutscher Aktiengesellschaften auf die Nerven. Am Mittwoch ist er, schon länger herzkrank, im Alter von 62 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.

Denkbar war eine solche Karriere vermutlich nur in Berlin. Denn Zapf, geboren im badischen Eppingen, kam Anfang der 70er Jahre aus einem weit verbreiteten Motiv in die Stadt: Er wollte dem Wehrdienst entgehen. Und alle, die mit ihm kamen, zogen andauernd um, gründeten neue WGs, besetzten leerstehende Häuser und verließen sie wieder – ein enormes Potenzial für einen schlauen Möbelpacker. Zapf, der tief in die linke Szene eingetaucht war und Rudi Dutschke zu seinen Freunden zählte, schmiss das Jurastudium, machte sich 1975 mit einem klapprigen Ford Transit selbstständig und beschäftigte sich anfangs vor allem mit der Entrümpelung ehemals besetzter Häuser.

Der Fuhrpark wuchs, die Laster mit den gelb-blauen Planen wurden stadtbekannt. Die auffällige Weltkugel darauf klaute er beim Tagesspiegel, ersetzte das Motto „Rerum Cognoscere Causas“ durch „Mens agitat molem“, der Geist bewegt die Masse. Auf den gleichen Planen hieß es auch zeitgeistkonform, die Firma befinde sich „im Besitz der Belegschaft“, was dann aber von der Belegschaft in zunehmendem Maße angezweifelt wurde und schließlich nach einem Rechtsstreit in die Worte „mit Belegschaftsbeteiligung“ umgewandelt wurde. Später fiel, die Fakten waren stärker, auch dieser Halbsatz.

Monopol bei linken Wohnungswechslern

Zapf galt vor allem als billig. Sein Glanzstück bestand darin, ein paar Sekunden durch die Wohnung zu laufen und aus dem Ärmel eine Summe zu nennen, die alle überraschend niedrig fanden. Doch er konnte rechnen und seine Firma wuchs auf dieser Basis zu einem der umsatzstärksten deutschen Umzugsunternehmen. Doch es war nicht nur der Preis: Wer seinen Umzug bei Zapf bestellte, der bekam keine dumpfen Muskelmänner, sondern Gleichgesinnte aus dem akademischen Milieu, Selbstverwirklicher und Weltreisende, mit denen man beim Tee oder Joint zwischendurch gehörig über die Umtriebe des kapitalistischen Systems räsonieren konnte – und je mehr sich das herumsprach, desto kräftiger wuchs das Monopol von Zapfs Firma bei linken Wohnungswechslern heran.

Und schlau war er, der Zapf. Zwar machte ihm das Ende des DDR-Sozialismus ideologisch mächtige Bauchschmerzen, doch es tat nicht so weh, dass er die Gründung einer Filiale in Bonn versäumt hätte. Dort schätzte man später, dass er zwei Drittel des Regierungsumzugs abgewickelt habe. Der Schweinestaat wurde zur Geldquelle, und Zapf immer noch reicher, der finanziell Erfolgreichste der alten linken Bourgeoisie West-Berlins. Doch äußerlich blieb er, wie er war, und fand seine zweite Frau, weil die eine Anzeige mit der Überschrift „Millionär gesucht“ aufgegeben hatte. Mit dem Scheitern dieser Ehe schaffte er es zuletzt sogar in die Boulevardpresse.

Im neuen Jahrtausend zog er sich aus dem Umzugsgeschäft zurück und suchte sich ein ganz anderes Betätigungsfeld. Er gründete die „Pomoschnik Rabotajet GmbH“, zu deutsch: „Der Helfer arbeitet“. Deren Unternehmensziel war es, Aktien aufzukaufen, die Vorstände der betreffenden Gesellschaften systematisch mit Klagen gegen deren Beschlüsse zu überziehen und damit die Eintragungen ins Handelsregister zu verzögern – ein einträgliches Geschäft, das ihm den Titel „Schrecken der Konzerne“, aber auch ein Schadensersatzurteil einbrachte. Er verklagte Altana, Senator, Axel Springer, Karmann und zahlreiche andere quer durch die deutsche Börsenelite, nannte das „Entertainmentzirkus“ und stellte es als Versuch dar, den Wirtschaftseliten ihre Grenzen zu zeigen. Begleitend servierte er in Interviews Sprüche wie „Es gibt so viele wachstumsgläubige Vollidioten“.

Ironie, Sarkasmus oder tiefere Bedeutung? Man kam an ihn nicht so recht heran. Seine eigene Bilanz fiel bitter aus. „Voll gescheitert“, sagte er vor kurzem über sich. Aber das kann natürlich auch wieder so ein Spruch gewesen sein.

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