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Kopf hoch. Retten muss man lernen. Opfer ziehen ihre Helfer oft unter Wasser.

© Paul Zinken

Mit allen Wassern: So wird man Lebensretter bei der DLRG

Die einen schwimmen, die anderen arbeiten: In Berlin sichern 700 Freiwillige Badestellen und Segelreviere.

Die Havel, die prustende Jugendliche beim Kraulschwimmen durchpflügen, glitzert im Sonnenlicht. Unter den Augen der Betreuer üben die Schwimmer das Abschleppen in Not geratener Badegäste. Im Käfig pfeift Papagei Rocco, dahinter reckt sich das denkmalgeschützte Gebäude der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Spandau in die Höhe. Kurz vor Ferienende lernen 12 Jungen und 14 Mädchen alles über das Retten und Versorgen von Ertrinkenden und Unfallopfern: Sie sind im DLRG-Rescue-Camp.

Frank und Monika Villmow, die sich vor über zwanzig Jahren bei der DLRG kennengelernt haben, sind mit Leib und Seele Ehrenamtliche. Sie leiten das Ferienrettungscamp und trainieren schon seit mehr als 30 Jahren den Nachwuchs. „Wir haben den Verein zu unserem Hobby gemacht“, sagt Monika Villmow. Sie schätzen es, mit jungen Menschen zu arbeiten, und die Gemeinschaft ist ihnen wichtig: Allein in Berlin hat die DLRG 10 000 Mitglieder, deutschlandweit sind es eine Million Mitglieder und Förderer. Vom Küchenpersonal über die Betreuer bis zu den Ausbildern: Alle sind freiwillig hier. Michael Vormeier, 38, reizt die pädagogische Arbeit: „Man muss den Stoff so vermitteln, dass 12- und 50-Jährige ihn verstehen.“

Während des einwöchigen Lehrgangs wird ein Einsatz nachgespielt, mit geschminkten Mimen in diversen Unfallszenarien. Die Jugendlichen arbeiten in Gruppen und müssen gemeinsam entscheiden, wie sie die Opfer versorgen. In Berlin sichern 700 Ehrenamtliche an 26 Stationen Badestellen und Segelreviere, zur Arbeitsgemeinschaft Wasserrettungsdienste gehören neben der DLRG die Wasserwacht vom Roten Kreuz und der Arbeiter-Samariter-Bund. In diesem Sommer hatten die Rettungsschwimmer schon 1200 Einsätze, bei 20 davon ging es um Leben und Tod. „Wenn man es schafft, ist es das beste Gefühl, das man haben kann“, sagt ein DLRG-Ausbilder. 90 Prozent der Wiederbelebungen bleiben indes ohne Erfolg – psychisch nicht leicht zu verkraften. „Aber das muss man realistisch sehen, ohne uns hätten sie gar keine Chance gehabt“, sagt Frank Villmow. Die Zeit für eine Rettung ist knapp: Schon nach zehn Minuten kommt jede Hilfe zu spät.

Damit sie ein Opfer schnell finden, lernen die 13- bis 15-Jährigen auch tauchen, möglichst sicher in unbekannte Gewässer zu springen und sich bei schlechter Sicht zu orientieren. Sie üben auch Befreiungsgriffe. Was wie Kampfsport anmutet, ist tatsächlich essentiell für die Rettung von Menschenleben: In Panik klammern sich viele Ertrinkende an den Helfer und ziehen ihn mit unter Wasser.

Der Tag ist lang, das Training anstrengend. Theorie- und Praxisblöcke wechseln sich ab. „Mit der Bettruhe um 23 Uhr haben wir eigentlich nie Probleme“, lacht Frank Villmow. Die Jugendlichen sind mit großem Eifer dabei. Clara, Leonie und Marie vom Schiller-Gymnasium sind begeistert von dem Lehrgang. Die Mädchen haben drei von fünf Stipendien bekommen, die die Eltern von Simeon Stojanov, der vor einem Jahr im Müggelsee tödlich verunglückte, gesponsert haben. Simeons Freunde konnten dem 18-Jährigen damals nicht helfen – hätten sie gewusst, was zu tun ist, wäre der Abiturient jetzt vielleicht noch am Leben. „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man anderen helfen kann“, sagt Marie. Annemieke Overweg

Die Wasserretter im Netz:

www.berlin.dlrg.de

Annemieke Overweg

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