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Berlin: Mit Ampel könnte Marga Legal noch leben

In Weißensee ließ eine sehbehindertengerechte Signalanlage fünf Jahre auf sich warten – trotz Blindenwohnheims

Von Malte Meinhardt

Für die Kreuzung Berliner Allee / Falkenberger Straße in Weißensee fordert der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin (ABSV) schon seit 1990 eine blindengerechte Ampel mit einem akustischen Signal. Diese habe die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aber erst zehn Jahre später, im Januar 2000, zugesichert, so ABSV-Sprecher Volker Lenk. Wie berichtet, war letztes Jahr an der Weißenseer Kreuzung die seh-und gehbehinderte Marga Legal verunglückt. Seit 1995 befindet sich dort die „Blindenwohnstätte Weißensee“. Baubeginn für die Ampel war in diesem Sommer; sie soll am 19. September in Betrieb gehen.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte ein Autofahrer die 93-jährige Marga Legal bei der Überquerung der ungesicherten Kreuzung tödlich verletzt. Das Strafgericht verhängte letzte Woche eine Strafe von 1 750 Euro gegen ihn. ABSV-Sprecher Lenk betonte, dass Marga Legal kein Mitverschulden getragen habe. Mit Blindenbinde und weißem Stock sei sie deutlich als sehbehindert gekennzeichnet gewesen. Sie habe sich selbstständig bewegen können; der Satz im Schwerbehindertenausweis („Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen“) sei missverständlich. Er formuliere „einen Anspruch auf Begleitung, aber auf keinen Fall die Verpflichtung“, so Lenk.

Der ABSV hatte im September 1995 der Stadt ein Papier vorgelegt, in dem zahlreiche Querungspunkte als verbesserungswürdig ausgewiesen waren. Ganz oben auf dieser Liste stand die Kreuzung an der Berliner Allee, die als „besonders gefährlich“ eingestuft war. Darauf hatte der ABSV schon ab 1990 hingewiesen. Hier verliefen auch Tramgleise, es habe weder Ampel oder Bodenindikatoren noch eine Fußgängerinsel gegeben. Zudem sollte dort 1995 die „Blindenwohnstätte Weißensee“ eröffnen.

Die damalige Senatsbauverwaltung setzte die Stelle auf eine „Prioritätenliste“. Auch war kurzfristig eine provisorische Ampel geplant. Bis 1999 tat sich aber nichts; grünes Licht gab es erst im Januar 2000 durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Deren Sprecherin Petra Reetz sagte gestern, zuständig für die Antragstellung sei das Bezirksamt. Sie habe „keine Ahnung“, weshalb es zu Verzögerungen gekommen sei. Die Prioritätenliste sei aber lang, und Vorrang hätten sichere Anlagen für Kinder. Es ginge jedoch nicht darum aufzurechnen, wer mehr betroffen sei. Das Hauptübel sei die schlechte Haushaltslage des Landes Berlin.

Nach Auskunft des Baustadtrats von Pankow, Martin Federlein, wollte der damalige Bezirk bereits 1995 eine blindengerchte Ampel an der Falkenberger Straße bauen. Das hatte die Senatsverwaltung mit Hinweis auf eine bestehende Anlage an der Buschallee in geringer Entfernung abgelehnt. Natürlich müsse die Senatsverwaltung die Kosten prüfen, so Federlein. Dass die Ampel schließlich genehmigt wurde, führt er auf „überzeugende Argumente“ zurück.

Der Landesbeauftragte für Behinderte, Martin Marquard, sagte, es sei „nicht normal“, dass der Vorgang so lange gedauert habe; dies sei die „Trägheit der Verwaltung“. ABSV-Sprecher Lenk sprach von einem „Kampf gegen Windmühlen“.

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