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Intuitives Fahren. Der in Amerika erfundene Segway folgt den Köperbewegungen und hält für den Fahrer das Gleichgewicht.

© es

Mit dem Segway auf Tour: Surrend um den Glindower See

Das macht Spaß. Auf Elektrorollern schön gemütlich am Wasser entlang oder zu den Obsthöfen an der Havel. Los geht's in Werder. Dort gibt es die erste Segwaystation.

Es soll ganz einfach sein, so einfach wie Treppensteigen. Heidi Schulze atmet tief durch. Sie kann noch nicht ganz glauben, dass der Segway, eine Art Elektroroller, automatisch ihr Gewicht ausbalancieren wird. Sie muss nur schnell einen großen Schritt auf die Plattform zwischen den zwei hohen Rädern machen und die Beine durchdrücken, erklärt ihr Michael Marten. Seit gut einem Jahr bietet er mit seiner Frau Marina Marten Touren mit Segways über den Obstpanoramaweg und rund um den Glindower See an.

„Nein, ihr werdet nicht umfallen“, ruft der 53-jährige Michael Marten seinen Gästen zu. Oh Gott, oh Gott, murmelt die Frau aus Potsdam-Babelsberg und versucht aufzusteigen. Sie hat einen Gutschein für eine Segwayfahrt in Werder geschenkt bekommen. Zusammen mit drei anderen Frauen, die meisten von ihnen zum ersten Mal auf dem Segway, bekommt sie vor der Tour eine kleine Einweisung. Gerade stehen, der Technik vertrauen und langsam losrollen. „Jeder, der das noch nie gemacht hat, ist am Anfang vorsichtig – auch Männer“, sagt die 53-jährige Marina Marten.

Auch ihr ging das vor zwei Jahren bei ihrer ersten Fahrt so: „Ich hatte panische Angst, zum Glück haben die andern mich überreden können, aufzusteigen.“ Sonst wäre aus dem Projekt des Werderaner Ehepaars nie etwas geworden.

In den sechs Segways, die sich die Familie Martens vor einem Jahr angeschafft hat, steckt viel Technik. „Jedes Rad wird mit einem Elektromotor angetrieben“, erklärt Michael Marten. In dem Elektroroller seien zudem fünf rotierende Kreisel und zwei Kreiselsensoren eingebaut. Die messen 100-mal pro Sekunde die Körperposition und den Untergrund bei der Fahrt und balancieren so das Gewicht aus.

„Eine leichte Körperdrehung nach links oder rechts und schon fährt der Segway in die Richtung“, erklärt der Werderaner. Je mehr man sich nach vorn beugt, umso schneller fährt man. „Wenn ihr abrupt bremsen müsst, streckt den Po raus“, unterbricht Marina Marten ihren Mann. Die Frauen lachen. Das klingt einfach.

Die Spaßbremse heißt Schildkrötengang

Mit einem leisen Surren ruckeln die Segways los. Auf dem kleinen Display blinkt eine Schildkröte auf. Die ersten Kilometer wird die Geschwindigkeit auf acht Stundenkilometer gedrosselt. Sobald die Fahrerinnen sicher die Bundesstraße 1 überquert haben, wird auf dem Parkplatz eines Supermarktes die Spaßbremse, wie Michael Marten den Schildkröten–Gang nennt, rausgenommen. Jetzt fährt der Segway doppelt so schnell.

Von der Bundesstraße aus geht es vorbei am Campingplatz Riegelspitze nach Petzow. Auf dem Weg hupen vorbeifahrende Autofahrer begeistert, Fahrradfahrer schauen neidisch auf die elegant vorbeirauschende Truppe. Als es auf einem Trampelpfad hoch zur Petzower Kirche geht, ruckelt es – auch unebenes Gelände meistert das Gerät mühelos. Oben angekommen bleiben alle auf ihrem Gerät stehen und schauen kurz auf den Glindower See. Absteigen will niemand, lieber weiterfahren – das mache doch gerade so richtig Spaß, sagt die 25-jährige Lissy Neubauer, die an der Tour teilnimmt.

Bisher sind die Martens mit ihrer Firma „Segway Funtour Werder“ die einzigen Anbieter in der Stadt für derartige Touren. Vor zwei Jahren, als das Ehepaar zum ersten Mal auf einem Segway stand, war ihnen die Idee gekommen, in das Geschäft mit den Elektrorollern einzusteigen. „Ich arbeite als Monteur auf dem Bau und will das mit 60 Jahren nicht mehr machen“, sagt Michael Marten. Daher baut er sich mit den Segways ein zweites Standbein auf.

Der Elektroroller dreht sogar Pirouetten

Seine Frau, die hauptberuflich als Erzieherin arbeitet, hilft mit. Die Wochenenden von Frühjahr bis Herbst verbringt das Paar auf dem Segway. Auch an lauen Sommerabenden gibt es Touren.

Vor allem Touristen und Firmen würden bisher per Segway die Obstplantagen und die Havel erkunden, die Werderaner hingegen seien noch etwas zurückhaltend, sagt Michael Marten. Eine Stunde kostet 27 Euro, für eine dreistündige Tour über den Obstpanoramaweg zahlt man 69 Euro. Auch Kinder ab sechs Jahren dürfen auf den Segway: „Für sie gibt es Parcoursfahren auf dem Hof“, so Michael Marten. Eine Viertelstunde Parcours liegt bei fünf Euro. „Uns war klar, dass wir schnell sein müssen, wenn wir das mit den Segways machen wollen“, so Marina Martens. Immerhin sei in Werder noch niemand auf die Idee gekommen. Die Familie investierte in die Geräte über 50 000 Euro. „Und mit dem Verleih in Potsdam kommen wir uns auch nicht in die Quere.“ Eine Akkuladung reiche nicht, um von Potsdam nach Werder und wieder zurück zu fahren, sagt die Werderanerin.

Nach der rund anderthalbstündigen Tour rund um den Glindower See strahlen die Teilnehmerinnen. „Der Segway kann ja besser Pirouetten drehen als mein Pferd“, sagt Lissy Neubauer. Und Heidi Schulz, die anfangs skeptisch war, will gar nicht mehr runter vom Elektroroller. „Das war vielleicht cool.“ Nur die Füße, die sind vor lauter Stillstehen allen eingeschlafen. Es bitzelt und kribbelt unter den Fußsohlen – beim Treppensteigen würde das nicht passieren. Dafür hätte man aber umso mehr Muskelkater.

Weitere Informationen unter: www.funtour-werder-segway.de

Eva Schmid

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