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Berlin: Mit der Enkeltochter durch die Nachbarschaft – und immer den Düften nach

Doris Schulze ließ sich von kindlicher Neugier auf eine sommerliche Entdeckungsreise in die Wunderwelt der Mülltonnen führen

An meine Spaziergänge in diesem Sommer werde ich noch lange denken, vor allem der Gerüche wegen. Welche Kontraste, die ich erlebe! Manchmal duftet es nach Pfefferminze, Anis-Ysop oder Phlox – und dann wieder nach Mülltonnen. In diesem Sommer besonders oft nach Mülltonnen. Aus einem besonderen Grund. Es ist ein kleines, zweieinhalb Jahre altes Mädchen, meine Enkeltochter Loredana, die mich dazu bringt, immer wieder die Mülltonnen-Route zu laufen. Loredana liebt Mülltonnen über alles – wer weiß warum, vielleicht wegen der Farben. In den Müllhäuschen hat sie die verschiedensten Farben kennen gelernt. Und die sind bestimmt nicht triste! Es gibt die Tonnen in Rot und Blau, in Braun mit gelbem Deckel, in Schwarz mit braunem Deckel und so weiter. Immer wieder müssen wir so viele besuchen, wie wir können. Wenn ich besonders gut gelaunt bin, dann öffne ich für Loredana einen Deckel und wir schauen gemeinsam hinein.

Dabei fangen unsere Spaziergänge immer so gut an! Durch die Küche geht es in den Garten. Dort befühlt und reibt Loredana die Blätter zwischen den kleinen Fingern, die werden dann an die Nase gehoben und der Duft für gut oder schlecht befunden. Dann werden die Blätter auch noch in den Mund genommen. Und schließlich kommt ein „Ah" oder ein „Bäh". Dann aber müssen wir hinaus in die weite Welt. Denn 20 Meter weiter steht das erste Müllhaus. In Loredanas Gesichtchen steht die bange Frage geschrieben: Ist die Lieblingstonne da, die Rote? Nein. Die Enttäuschung ist groß. Loredana geht immer schneller. Im vierten Müllhaus haben wir Glück: „Hinten links, rote Tonne!" Der Spaziergang wird jetzt wieder etwas entspannter, und Loredana schaut rechts und links wieder Pflanzen an: verführerisch, die Beeren an den Sträuchern! Dann naht schon wieder das nächste Müllhaus: zwei rote Tonnen! Vergessen ist die schöne Natur.

Sie denken, es gibt schönere und interessantere Wege in Berlin? Nicht für uns, in diesem Sommer.

Doris Schulze

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