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Berlin: Mit Dutschke gegen Dutschke

Votum über Ehrung für Studentenführer am Sonntag

Noch sind es gut zwei Tage bis zur Abstimmung. Aber ein Gewinner des Bürgerentscheids zur Umbenennung eines Teils der Kreuzberger Koch- in Rudi- Dutschke-Straße steht schon fest: Das Zustellunternehmen Pin AG. Mehr als 60 000 Euro hat der Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain nach Auskunft von Wahlleiter Heinrich Baasen dafür ausgegeben, die Wahlbenachrichtigungen durch die Pin AG zustellen zu lassen.

Wer der politische Gewinner des von der CDU mit einer Unterschriftensammlung erwirkten und insgesamt mehr als 200 000 Euro teuren Bürgerentscheids ist, steht erst Sonntagabend fest, voraussichtlich ab 20 Uhr. Bis dahin, so hofft der Wahlleiter, sollen in den 87 Wahllokalen des Bezirks die meisten der zwischen 8 und 18 Uhr abgegebenen Stimmen ausgezählt sein. 180 000 Wahlberechtigte gibt es insgesamt. Damit das Votum über die Ehrung des vor 27 Jahren gestorbenen sozialistischen Studentenführers gültig ist, müssen mindestens 15 Prozent ihre Stimme abgeben, gut 27 000 Bürger. Bislang ist deren Interesse an der von der linksalternativen Tageszeitung taz initiierten Umbenennung verhalten, zumindest im Verhältnis zu regulären Wahlen. Das schließt Wahlleiter Baasen aus der Zahl der Briefwähler: Knapp 5000 Anforderungen von Unterlagen habe man registriert, sonst seien dies fast fünf Mal so viele. Das mag daran liegen, dass die 2005 von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossene Umbenennung vor allem rund um die Koch-/Dutschkestraße die Menschen bewegt. Auch wenn angesichts der linksalternativen Prägung des Bezirks eine Mehrheit für Dutschke wahrscheinlich ist, kämpfen beide Seiten um jede Stimme. Die CDU und ihr Kreisvorsitzender Kurt Wansner tun das ironischerweise mit dem Slogan „Der Kampf geht weiter“ – mit eben jenem Spruch verabschiedete sich Dutschke 1974 am Grab von RAF-Terrorist Holger Meins.

Drei Argumente sprechen aus CDU- Sicht gegen die Umbenennung: Sie koste Anwohner und vor allem an der Straße sitzende Firmen unnötiges Geld, unter anderem wegen neuer Briefbögen und ähnlichem. Der Name Kochstraße habe Tradition und erinnere an den „ehrenwerten Bäckermeister Johann Jakob Koch“. Vor allem aber werde mit Dutschke jemand geehrt, der zumindest aus Sicht seiner Gegner – dazu zählt auch der an der Kochstraße sitzende Springer-Konzern – ein „undemokratischer Revolutionär“ war.

Für die Umbenennung spricht nach Meinung von Dutschkes Anhängern, dass er eine Identifikationsfigur der außerparlamentarischen Linken war, sich für Demokratie und Emanzipation eingesetzt und vorgelebt habe, dass es auch „menschenfreundliche Linksradikale“ gebe, wie es auf den Dutschke-Seiten der „Taz“ heißt. Am Sonnabend will ein Bündnis linker Prominenter deswegen noch einmal für Dutschke werben: An einem Stand auf der Warschauer Brücke werden ab 12.30 Uhr Grünen- Chefin Claudia Roth, PDS-Star Gregor Gysi, Enthüllungsautor Günter Wallraff und Dutschke-Sohn Marek erwartet.

Die Akteure im Internet:

Pro Dutschke-Straße: www.taz.de/pt/.1/etc/dutschkestrasse/chronik Contra Rudi-Dutschke-Straße:

www.pro-kochstrasse.de

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