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Berlin: Mit Kühltasche zur Oldie-Nacht

Von Frank Thadeusz Über der Waldbühne senkt sich langsam die spätsommerliche Abendsonne. Die Temperaturen sind mild, aber die Stimmung brodelt.

Von Frank Thadeusz

Über der Waldbühne senkt sich langsam die spätsommerliche Abendsonne. Die Temperaturen sind mild, aber die Stimmung brodelt. Der Auftritt der Rolling Stones steht bevor. Keine Stunde später liegt der nach altgriechischem Vorbild gezimmerte Veranstaltungsort in Trümmern. Als Jagger, Richards und Co. das Konzert nach 20 Minuten abbrechen, fliegen die Fetzen. So wurde der 14. September 1965 zu einem Trauma, das bis heute fortwirkt. „Das ist immer wieder ein Thema“, sagt Sabine Woeste, Projektleiterin von Conzert Conzept.

Für den Ordnungsdienst sei es inzwischen „sehr anstrengend“ dafür zu sorgen, dass die strengen Sicherheitsauflagen des Senats in der Waldbühne auch eingehalten werden. Besuchern sei es grundsätzlich verboten, „Flaschen aus Glas, Dosen, sperrige Gegenstände, pyrotechnisches Gerät, Videokameras und Fotoapparate“ mitzubringen. Nur wer noch im Besitz einer alten Pocketkamera ist, darf damit die Stars ablichten. „Man geht davon aus, dass sich die Aufnahmen solcher Kameras nicht gewinnbringend verkaufen lassen“, erklärt Woeste. „Alles andere verstößt gegen das Recht des Künstlers am eigenen Bild, dass die meisten sich in ihren Verträgen bestätigen lassen."

Wer aber zum Beispiel glaubt, die Oldie-Nächt morgen und übermorgen oder das für 12. Juli angesetzte Paul-Simon Konzert nur unter Einfluss von Hochprozentigem ertragen zu können, braucht sich keinen Zwang anzutun. Sabine Woeste: „Ich kann dem Sicherheitspersonal nicht zumuten, an den Flaschen zu schnüffeln, ob da jemand Whiskey oder Wodka drin hat." Allerdings: Wer schon torkelnd Einlass zum Konzert begehrt, kommt in die Waldbühne erst gar nicht rein.

Auch Flaschen über einem Liter Fassungsvermögen haben am Eingang keine Chance. Darin besteht übrigens wie in den meisten Sicherheitsfragen Einigkeit unter den Betreibern der großen Open-Air-Bühnen in Berlin. Allerdings sei die Toleranz der Bands sehr unterschiedlich, meint Angelika Lessnik, Sprecherin der Parkbühne Wuhlheide GmbH: „Alles über einem halben Liter ist zum Beispiel den Toten Hosen (sie kommen am 29. in die Wuhlheide) schon zu viel, weil es bei denen immer hoch hergeht. Die Kastelruther Spatzen reglementieren ihre Fans gar nicht."

Olaf Schulz, Produktionsleiter von Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt (vom 4. bis zum 9. Juli), hält sein Publikum für „pflegeleichter". Flaschenkontrollen gebe es nicht, denn: „Champagnerflaschen haben ja nie über einem dreiviertel Liter Inhalt". In den vergangenen Jahren ließ man auch Besucher mit kleinen Picknickkörben stets gewähren.

Doch seit dem 11. September sind die Sinne der Sicherheitsleute geschärft. Bei 7500 Besuchern auf einem der zentralen Plätze Berlins habe sich „der Blickwinkel“ geändert. Schulz: „Wir haben mehr Security-Personal im Einsatz als sonst. Das man gewisse Dinge nicht ausschließen kann , ist für jeden Veranstalter der größte Horror."

Horror haben die Verantwortlichen von Conzert Conzept in der Waldbühne jedoch vor den Besuchern ihrer philharmonischen Konzerte . „Da kommen die Leute teilweise vollgepackt , wie für einen 14-tägigen Survivaltrip“, hat Sabine Woeste beobachtet. Daher sind auch Kühlboxen auf dem Index, mit dem die Freunde der ernsten Musik durch die Waldbühne ziehen oder Fluchtwege blockieren könnten .

Die Stones-Fans von einst sind eben auch nicht mehr das, was sie mal waren.

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