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Berlin: Mit Panzermine und Pistole ins Sozialgericht

62-Jähriger wollte sich rächen, weil die Übernahme seiner Operationskosten abgelehnt wurde. Polizei griff rasch ein – keine Verletzten

Ein Amoklauf im Landessozialgericht in der Invalidenstraße in Mitte ist am Dienstag knapp verhindert worden. Bewaffnet mit einer scharfen Pistole und einer russischen Panzermine ist der 62jährige Heinz F. aus Vogelsang (Landkreis Oder-Spree) am Dienstagvormittag in das Gerichtsgebäude eingedrungen. Polizisten des nahe gelegenen Abschnitts 33 konnten ihn nach kurzer Zeit überwältigen. Das Motiv des Täters: „Ein Verfahren über eine abgelehnte Kostenübernahme für eine Operation“, sagte ein Polizeisprecher.

Polizisten räumten das Gerichtsgebäude mit rund 80 Bediensteten und Besuchern, weil Sprengstoffexperten nach weiteren Waffen oder Sprengsätzen suchten. Im Auto von Heinz F., einem weißen Opel Corsa, fanden die Beamten tatsächlich eine zweite, nicht zusammengebaute Panzermine. Zwei Mitarbeiter des Gerichts kamen mit einem Schock ins Krankenhaus. Um 13 Uhr hob die Polizei die weiträumigen Verkehrssperrungen wieder auf und die Bediensteten durften wieder in das Gericht zurück. Die Polizei prüft derzeit, ob Heinz F. einem Richter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt wird oder einem Amtsarzt, um den Täter in einer Psychiatrie unterzubringen.

Es war gegen 11.05 Uhr, als Heinz F. das Sozialgericht betreten hatte. Die Pförtnerin war stutzig geworden und wollte den Mann aufhalten. Daraufhin habe der Mann das Hemd geöffnet und ihr die Panzermine und die Pistole gezeigt. „Raus hier damit!“, habe die Pförtnerin gerufen. Mit ihrer Kollegin soll sie versucht haben, dem Mann die scharfe Waffe wegzuschlagen. Doch der 62-Jährige stürmte schreiend an ihr vorbei und lief in den ersten Stock. Zwei Justizwachtmeister wollten ihn dort aufhalten. Daraufhin soll Heinz F. gerufen haben: „Das regel’ ich hier alleine!“

„Ich habe ihn in meinem Arbeitszimmer im zweiten Stock brüllen hören“, sagt Justizsekretärin Laila Kuntschke. In diesem Moment hätten auch schon die Telefone geklingelt: „Die Pförtnerinnen haben uns gewarnt, dass ein Verrückter mit einer Pistole im Haus herumrennt.“ Laila Kuntschke sei daraufhin in die Nachbarabteilung zu ihren Kolleginnen gerannt. „Wir haben die Türen abgeschlossen und uns unter den Schreibtischen verschanzt“, sagt ihre Kollegin Renate Humboldt. Über den Notausgang in der Heidestraße gelangten viele Mitarbeiter ins Freie. Dort sahen sie erleichtert zu, wie der Täter von der Polizei in Handschellen abgeführt wurde.

Seit 2001 soll ein Rechtsstreit zwischen Heinz F. und seiner Krankenkasse um die Kosten für eine Operation laufen. Bis dahin wohne der 62-Jährige in Neukölln, wo er eine Wäscherei betrieb. Deshalb war das Berliner Sozialgericht für den Streitfall zuständig. Um was für eine Operation es sich gehandelt habe, konnte die Polizei nicht sagen.

Die Ehefrau von Heinz F. wurde durch die Polizei über den Vorfall informiert. „Als ich gestern aufwachte, war mein Mann schon weg“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Ich hatte keine Ahnung, dass er so etwas plante. Er leidet schon seit vielen Jahren unter starken Schmerzen, manchmal ist er gar nicht ansprechbar. Seiner Meinung nach haben die Ärzte bei einer Rückenoperation gepfuscht.“

Frau F. zufolge hat ihr Mann deswegen schon einmal einen Berliner Arzt bedroht. Die Polizei konnte diesen Vorfall nicht bestätigen. Unklar ist auch, woher Heinz F. die Panzerminen und die scharfe Pistole hatte. Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) lobte das besonnene Verhalten der Mitarbeiter. Man werde sich nun mit Experten der Polizei beraten, ob eine Sicherheitsschleuse im Sozialgericht eingebaut wird. Bislang gibt es Sicherheitsschleusen nur im Kriminalgericht in Moabit.

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