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Berlin: Mit Schümi hart am Wind

America’s Cup vor Neuseeland – in Grünau fieberten sie mit

Wie groß der Vorsprung im Ziel am Ende tatsächlich war, das bekam im Yachtclub Grünau schon keiner mehr mit. Dabei hatten die 120 Sportskameraden von Jochen Schümann zuvor noch bei jeder Boje, die die Schweizer Yacht „Alinghi“ vor ihrer Konkurrentin passierte, lauthals den Abstand mitgezählt, den sie gegen ihre Konkurrentin „Black Magic“ schon herausgefahren hatte.

Grünau, mitten in der Nacht. Kein Mensch am Müggelseedamm – nur im Vereinsheim des Yachtclubs drängen sie sich. Die jüngsten gehen noch zur Grundschule, die ältesten sind längst Rentner. Fast alle kennen Jochen Schümann persönlich, viele sind schon Regatten gegen ihn gesegelt. Früher, auf dem Müggelsee, wo sie gemeinsam groß geworden sind, bis Schümann auszog, einer der erfolgreichsten Segler aller Zeiten zu werden. Und nun als Sportdirektor der „Alinghi“ vor der Küste Neuseelands das berühmteste Segelrennen der Welt zu gewinnen: den America’s Cup. Schon in den vergangenen Nächten hatten sie sich in Grünau vor der Großbildleinwand versammelt, um die Übertragungen zu verfolgen, die wegen der Zeitverschiebung hier nur mitten in der Nacht zu sehen waren. Doch immer wieder trafen sie sich vergeblich: Vor Neuseeland herrschte Flaute.

In der Nacht zu Sonntag aber waren Bier und Würstchen nicht umsonst herangebracht worden. Um 1.15 Uhr überquert die „Alinghi“ die Startlinie – auf die Sekunde genau pünktlich. Und vor der „Black Magic“. Die Segelkenner wissen, was das bedeutet: Es wird schwer für Schümanns Konkurrenz, den Rückstand noch aufzuholen. Und nur noch dieses Rennen ist zu gewinnen, dann geht der America’s Cup zum ersten Mal in 152 Jahren nach Europa. Jedes Manöver, jede Wende, jede Halse der „Alinghi“ wird laut beklatscht – für die Fotos im Flur, auf denen der junge Jochen konzentriert den Müggelsee durchpflügt, hat jetzt keiner einen Blick. Sie haben „Schümi“, der heute in Bayern lebt, längst zum Ehrenmitglied ernannt. Ein ausgesprochen netter Mensch sei er, normal und bescheiden, trotz aller Erfolge. Zuletzt war der 48Jährige im Spätsommer hier im Verein, um seinen Freunden das 120-Millionen-Dollar-Projekt „Alinghi“ zu erklären. Der Schweizer Pharma-Milliardär Ernesto Bertarelli hat Schiff, Mannschaft und die dreijährige Vorbereitung auf das Duell finanziert. Schümann ist der einzige Deutsche an Bord – und nur selten zu sehen, er sitzt ganz hinten neben Bertarelli. Das schmälert den Jubel kein bisschen, als gegen Ende des Rennens der „Black Magic“ auch noch der Spinnakerbaum bricht. Als die „Alinghi“ ins Ziel fährt, setzen die Grünauer sofort ein Glückwunschtelegramm auf. Feiern noch ein halbes Stündchen – dann fallen sie ins Bett. how/obs

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