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Berlin: Mit Sicherheit Karriere machen

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist für die privaten Wachschutzdienste in Berlin ein Konjunkturprogramm Durch die Zusammenarbeit mit der Polizei hoffen sie auch, ihr Image zu verbessern

Flüchtige Autodiebe rasen in einem blauen BMW durch Marienfelde, meldet die Funkzentrale. Ein Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma sieht, wie das Fahrzeug in eine ruhige Seitenstraße einbiegt und hinter einem LKW zum Stehen kommt. Er verständigt die Polizei, die die Diebe kurz darauf festnehmen kann: So oder so ähnlich könnte die neue Kooperation funktionieren, die die Berliner Polizei jetzt mit dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS) in Berlin vereinbart hat. Sie ist ein aktuelles Beispiel für die enger werdende Kooperation zwischen privaten und staatlichen Aufpassern: So überwachen sie gemeinsam die Berliner Flughäfen und sorgen bei der Fußballweltmeisterschaft für Sicherheit.

Im Rahmen des neuen Projekts sollen die privaten Wachmänner und -frauen künftig frühzeitig über laufende Fahndungen informiert werden. Mit dem Phantombild eines Straßenräubers oder der Beschreibung eines Fluchtwagens ausgestattet, können sie dann bei ihren Routineeinsätzen zugleich nach den Gesuchten Ausschau halten. Für diese Zusammenarbeit richten beide Partner sogar eine besondere Funkzentrale ein. Die neue Leitstelle „zur Unterstützung der polizeilichen Fahndung“ wird zurzeit im Gebäude der Firma Gegenbauer Sicherheitsdienste an der Kochstraße in Mitte eingerichtet. Später soll die Zentrale zwischen verschiedenen Firmen rotieren. Sie dient als kurzer Draht zwischen der Polizei und den privaten Wachleuten.

„Die privaten Sicherheitskräfte fahnden für uns nur im Rahmen ihrer alltäglichen Tätigkeit; wir schicken sie nicht extra los und zahlen auch kein Honorar“, sagt Frank Schattling vom Stab des Polizeipräsidenten. „Das ist unser Service für die Sicherheit Berlins“, ergänzt BDWS-Landeschef Rainer Ehrhardt, der für Gegenbauer die Sparte Sicherheitsdienste managt. Das staatliche Gewaltmonopol bleibe unangetastet, betonen beide. Die privaten Fahnder erhalten keine zusätzlichen Befugnisse und Rechte. Sie dürfen beispielsweise keine Ausweiskontrollen durchführen oder Personen festhalten.

Bundesweit gibt es schon ähnliche Kooperationen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein sowie in mehreren Städten. In Berlin hat der Verband der Wach- und Sicherheitsunternehmen 44 Mitgliedsfirmen mit insgesamt 8000 Mitarbeitern. „Diese Firmen zahlen alle Tariflöhne und sind arbeitsrechtlich seriös“, heißt es im Polizeipräsidium. Man habe ausdrücklich darauf geachtet, keine „schwarzen Schafe“ einzubeziehen. In den vergangenen Jahren war die Sicherheitsbranche wegen teilweise sehr schlechter Arbeitsbedingungen in Verruf geraten. Für die teilnehmenden Firmen bietet die offizielle Zusammenarbeit mit den staatlichen Ordnungshütern die Chance auf ein verbessertes Image.

Gleiches gilt für die Fußball-Weltmeisterschaft. Für die Branche ist sie ein kleines Konjunkturprogramm, bundesweit werden zwischen 10 000 und 15 000 zusätzliche Arbeitskräfte gesucht, meist befristet. „Wir sind froh, dass auch private Sicherheitsdienste bei der WM aktiv sind“, sagt Eberhard Schönberg, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP. Als besonders gefährdete Standorte gelten die vielen öffentlichen Leinwände, auf denen Fans die Spiele verfolgen. „Da die privat organisiert werden, ist es nur richtig, dass sie auch in erster Linie privat abgesichert werden“, so Schönberg. Allerdings ist er skeptisch, ob kurzfristig angeworbene Aushilfskräfte Gefahrensituationen in den Griff bekommen können. „Wenn die Gewalt eskaliert, muss doch die Polizei ran.“

900 Stellen im Sicherheitsbereich sind derzeit in der Berliner Arbeitsagentur Nord gemeldet, die die Ausschreibungen zur WM koordiniert. „Die meisten Angebote sind erst in der zweiten Märzhälfte eingegangen, viele Arbeitgeber suchen kurzfristig Personal“, sagt Ellen Queisser, Sprecherin des WM-Projektteams. Sie geht davon aus, dass die Stellen schnell besetzt werden können, da täglich bis zu 150 Bewerbungen eingehen.

Allein der Sicherheitsdienstleister Securitas benötigt in der Hauptstadt rund 160 zusätzliche Mitarbeiter für die WM, schätzt Frank Salewsky, Geschäftsführer der Niederlassung Berlin. Securitas sichert während des Turniers Spielerunterkünfte, Trainingsstätten und Fifa-Hotels. „Wir suchen nicht nur Mitarbeiter für die fünf Wochen der WM“, sagt Salewsky. „Wer sich bewährt, hat eine Chance auf Festanstellung.“

Im Olympiastadion stellt die Firma Best Veranstaltungsdienste Ordner und kooperiert dabei mit Gegenbauer. „Wer hofft, als Ordner die WM-Spiele erleben zu können, irrt sich. Ordner stehen mit dem Rücken zum Rasen“, warnt Gegenbauer-Manager Ehrhardt. Seit Jahren steigern die Sicherheitsdienste den Umsatz. Bundesweit legt er jährlich zwischen vier und acht Prozent zu, gibt Ehrhardt an. „Auch Berlin ist ein Wachstumsmarkt, allerdings gibt es Rückgänge im Werkschutz, wenn wieder eine Firma schließt oder abwandert.“

Auch der steigende Bedarf an Berlins Flughäfen belebt das Geschäft. So eröffnet die DSW, die zur Unternehmensgruppe Piepenbrock gehört, Ende der Woche ein neues Ausbildungszentrum am Flughafen Schönefeld. „Der Anlass für uns war, dass seit diesem Jahr auch das Flughafenpersonal und die Zulieferer sicherheitstechnisch überprüft werden müssen“, sagt DSW-Manager Enrico Lombardi. Dafür werden 170 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Die Ausbildung folgt Vorgaben des Bundesinnenministeriums und umfasst 170 Stunden.

In der neuen Akademie sollen nicht nur Mitarbeiter für die Personal- und Warenkontrolle ausgebildet werden, sondern auch Flugsicherheitsassistenten, die hier an einer Gepäckprüfanlage trainieren können. Sie kommen Lombardi zufolge auf einen Stundenverdienst zwischen 7,50 und 11,0 Euro. „Unsere Ausbildung öffnet den Teilnehmern die Tür zum Flughafen“, sagt Lombardi. „Jetzt, wo Schönefeld ausgebaut wird, eröffnen sich damit auch gute Karrierechancen.“

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