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Berlin: Mit unbedingtem Tötungswillen

Das Landgericht hat eines der schrecklichsten Verbrechen in Berlin seit der Wiedervereinigung mit einer hohen Strafe geahndet. Die 29.

Von Frank Jansen

Das Landgericht hat eines der schrecklichsten Verbrechen in Berlin seit der Wiedervereinigung mit einer hohen Strafe geahndet. Die 29. Große Strafkammer wertete die Tötung des Obdachlosen Jochen G. als heimtückischen Mord und verurteilte am Mittwoch den Germanistikstudenten Mario Z. zu insgesamt 13 Jahren und zehn Monaten Haft. „In seiner Grausamkeit weicht das Opferbild deutlich von anderen Taten ab“, sagte die Vorsitzende Richterin Angelika Dietrich. Sie verglich den Fall sogar mit dem Hitchcock-Thriller „Psycho“, in dem ein junger, unauffälliger Mann mehrere Menschen umbringt.

Mario Z. (28) hatte in der Nacht zum 30. August 2009 in seiner Wohnung in Schöneberg den 42-jährigen Obdachlosen mit einem Beil erschlagen und die Leiche dann zerstückelt. Kopf und Torso brachte Z. zu einem Bahngelände in Schöneberg, die abgetrennten Gliedmaßen deponierte er im Gefrierschrank. Zwei Tage später stellte sich Z. der Polizei.

Warum der Student den wehrlosen Jochen G. tötete, bleibt indes offen. „Ein eindeutiges Motiv für die Tat ist nicht sicher feststellbar“, sagte Dietrich. Deshalb falle das Mordmerkmal der niederen Beweggründe weg. Die Staatsanwaltschaft hatte Z. vorgeworfen, er habe „einen perfekten Mord“ begehen wollen. Die Anklage stützte sich auf die Angaben eines Studenten, der Anfang 2009 mit Z. ein bizarres Gespräch über einen perfekten Mord an einem Obdachlosen geführt haben will. Die Aussage im Prozess hält die Strafkammer jedoch für „Gedankenspiele“.

Die Richter widersprachen auch in einem zweiten Punkt der Anklagebehörde, doch diesmal profitierte sie davon. Staatsanwalt Jörg Wetzel hatte in seinem Plädoyer das Mordmerkmal der Heimtücke aufgegeben, da sich der Obdachlose gegen den ersten Hieb mit dem Beil gewehrt haben könnte. Wäre das Gericht dieser Argumentation gefolgt, hätte es kein einziges Mordmerkmal feststellen und Z. nur wegen Totschlags verurteilt werden können – wie es sein Verteidiger Matthias Zieger beantragt hatte. Doch die Heimtücke sei „sicher festgestellt“, sagte die Richterin. Der Obdachlose sei „völlig arglos“ gewesen, als er sich in der Wohnung von Z. auf die als vermeintliches Nachtlager angebotene Klappcouch legte. Das Opfer habe geglaubt, als Freund aufgenommen zu sein. „In dieser Situation schlug ihm der Angeklagte den Kopf ein“, sagte Dietrich, „mit unbedingtem Tötungswillen.“

Die Kammer konnte jedoch nicht ausschließen, dass Z. zur Tatzeit angetrunken und nur bedingt steuerungsfähig war. So entging der Student lebenslanger Haft, die der Staatsanwalt gefordert hatte. Dietrich hielt Z. auch zugute, sich gestellt und der Polizei geholfen zu haben, Kopf und Torso von Jochen G. zu finden, so dass der Obdachlose „nicht wie ein Hund verscharrt blieb und begraben werden konnte“.

Staatsanwalt Wetzel zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Verteidiger Matthias Zieger kündigte hingegen Revision an. Außerdem will er seinem Mandanten helfen, im Gefängnis eine sozialtherapeutische Behandlung zu bekommen. Für Mario Z. ist es bereits die zweite Strafe. Er war 2006 wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden und stand zum Zeitpunkt des Mordes unter Bewährung. Den Richterspruch jetzt nahm Z. reglos auf. Vor dem Prozess hatte er behauptet, er habe den Obdachlosen in einem Streit um Wechselgeld für Bier erschlagen.

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