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Berlin: MLPD: Der Klassenkampf lebt

Wer die Berliner Vertreter der MLPD nach der Zahl der Parteimitglieder fragt, wird auf eine ungewöhnliche Informationsquelle verwiesen: Das solle man doch im Verfassungsschutzbericht nachlesen, sagt Andrew Schlüter mit ironischem Unterton. Mehr will der junge Mann dazu nicht sagen - wohl, um der Gegenseite nicht mehr Informationen als nötig zuzuspielen.

Wer die Berliner Vertreter der MLPD nach der Zahl der Parteimitglieder fragt, wird auf eine ungewöhnliche Informationsquelle verwiesen: Das solle man doch im Verfassungsschutzbericht nachlesen, sagt Andrew Schlüter mit ironischem Unterton. Mehr will der junge Mann dazu nicht sagen - wohl, um der Gegenseite nicht mehr Informationen als nötig zuzuspielen. Der 33-jährige Arbeiter aus Neukölln ist Spitzenkandidat der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Unter dem Slogan "Neue Politiker braucht das Land" kandidiert er für die Abgeordnetenhauswahl am 21. Oktober.

Aus seiner Ablehnung der herrschenden Verhältnisse macht der Mann mit dem Mecki-Schnitt kein Hehl. Ruhig und freundlich erklärt Schlüter beim Treffen in den Neuköllner Räumen des MLPD-Kreisverbands, was aus seiner Sicht für die "Arbeiterpartei neuen Typs" spricht, wie die MLPD sich selbst nennt. "Das ist die einzige Partei mit revolutionärem Anspruch." Für den Staatsschutz ist die an Stalin und Mao Tse-Tung orientierte Gruppierung schlicht verfassungsfeindlich. Im Verfassungsschutzbericht wird sie als "sektenartig strukturiert" beschrieben: "Selbst im linksextremistischen Spektrum" verfüge die MLPD "über keinerlei Ausstrahlung".

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Andrew Schlüter sieht das natürlich anders. Mehr als 250 Unterstützer hätten sich in den vergangenen fünf Wochen den Wählerinititiativen der MLPD angeschlossen. Der Spitzenkandidat versteht sich und seine Partei als Vorkämpfer der Arbeiterschaft für eine gerechte Welt. "Wir wollen die Leute motivieren, in den Betrieben aktiv zu werden und eine neue Opposition aufzubauen", sagt er. Und meint damit zum Beispiel Jugendliche, die nach der Ausbildung von den Betrieben übernommen werden wollen oder Arbeiter, die gegen Flexibilisierung kämpfen. Bislang haben sich in elf Betrieben Wählerinitiativen gebildet, sagt die MLPD-Landesvorsitzende Christa Wolfer (44), die auf der Berliner Liste auf Platz 3 kandidiert. Insgesamt liege die Zahl der Unterstützer bei rund 300. Wer nach den landespolitischen Zielen im Berliner Landtagswahlkampf fragt, muss auf globale, groß angelegte Antworten gefasst sein. "Gesellschaftliche Probleme lassen sich eben nur grundsätzlich lösen, das heißt im echten Sozialismus", erklärt Wolfer, die bei Siemens als Lagerarbeiterin beschäftigt ist.

Wenn die Kandidaten von den "Problemen der Massen" und vom "Standpunkt der Arbeiterklasse" sprechen, den die Partei vertrete, werden Erinnerungen an den DDR-Staatsbürgerkundeunterricht wach. Eine Parallele, die dem Spitzenkandidaten aber gar nicht gefällt: "Die SED-Führung hat nach dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 den Sozialismus verraten und einen bürokratischen Kapitalismus eingeführt", sagt Schlüter. Im echten Sozialismus hingegen, den die MLPD vor Augen hat, lägen Macht und Produktionsmittel wirklich in den Händen der Arbeiter. Bis es soweit ist, konzentriert der Neuköllner Klassenkämpfer sich auf kleine Schritte im "Kampf um die Denkweise". So hat der Gewerkschafter bei Herlitz, wo er als Kunststoffformgeber arbeitet, gegen die Samstagsarbeit gestritten. Dabei kam er Mitte der neunziger Jahre zur MLPD, die "als einzige Partei" den Kampf unterstützte. "Damals ist mir klar geworden, dass eine grundlegende Lösung der Probleme der Massen im Kapitalismus nicht möglich ist."

Im aktuellen Wahlkampf fordert die MLPD unter anderem, die Verantwortlichen für die Bankenkrise finanziell zur Rechenschaft zu ziehen, statt die Kosten auf die Bürger umzulegen. Dafür demonstrierten Schlüter, Wolfer und ihre Mitstreiter auch Ende August bei der Hauptversammlung der Bankgesellschaft. Auch sollten Großunternehmen nicht mehr mit Subventionen nach Berlin gelockt werden. Die Konzerne müssten die Löhne in Ost und West angleichen, eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich soll neue Arbeitsplätze schaffen. Und die Fahrt mit der BVG soll kostenlos sein. Wie das im Kapitalismus umgesetzt werden soll? "Das funktioniert nur auf Kosten der Profite der Monopole."

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