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Joint

© Kai-Uwe Heinrich

Modedrogen: Von "Spice" zu "Space"

Die als Cannabis-Ersatz genutzte Modedroge soll verboten werden. Alternative Substanzen liegen jedoch längst bereit.

Viele Joint-Freunde haben es kommen sehen. "So banget denn mit mir und decket euch ein!", schrieb ein Nutzer in einem cannabisfreundlichen Internetblog. Es war der Tag, nach dem die offiziell als Raumduft deklarierte Kräutermischung "Spice" in Österreich verboten wurde. Bis Ende Januar will Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) das als "legales Cannabis" gehandelte und binnen kurzem zur "Modedroge" gewordene Räucherwerk auch hier verbieten lassen.

In der Szene ist das Verbot umstritten. "Die Kunden sind enttäuscht", kommentiert der Betreiber eines Steglitzer Headshops. Er bietet Rauchgerät, Hanfschokolade und auch "Spice" an. "Da gibt es mal was Legales zum Rauchen, und dann ist es plötzlich illegal." Hamsterkäufe gibt es aber weder in Steglitz noch in anderen Shops. Bei "Hemp Galaxy" in der Friedrichshainer Simon-Dach Straße etwa läuft der Verkauf "ganz normal." Auf das Verbot habe man sich eingestellt. Es werde verkauft, was noch da sei, neues "Spice" werde aber nicht nachbestellt. "Das würde nur Ärger geben."

"Spice" wird in mehreren Sorten von der Londoner Firma "Psyche Deli" vertrieben. Die in ihrer Konsistenz an Cannabis erinnernde Räuchermischung enthält laut Hersteller verschiedene, angeblich psychoaktiv wirkende Kräuter. Darunter Meeresbohne, Indischer Lotos, Helmkraut und Afrikanisches Löwenohr. Ein Drei-Gramm-Beutel kostet rund 30 Euro. Bei einer Analyse in Österreich wurde allerdings "keine Übereinstimmung mit der in der Kennzeichnung angegebenen Zusammensetzung an Kräutern" gefunden. Hauptsächlich bestehe "Spice" aus Bestandteilen der Malve, die Heilpflanze kommt häufig in Hustentees zum Einsatz.

"Spice"-Raucher werden wieder illegale Kiffer

Sowohl die österreichischen als auch die im Dezember von der Stadt Frankfurt beauftragten Forscher wiesen außerdem die "cannabinoid wirkende synthetische Substanz" JWH-018 nach. Diese berauscht laut den Analysen etwa viermal so stark wie der Cannabis-Wirkstoff THC. Der Konsum könne "unabsehbare gesundheitliche Risiken" mit sich bringen. Die Bundesdrogenbeauftragte plant deshalb, "Spice" unter das Betäubungsmittelgesetz stellen zu lassen und so Herstellung, Handel und Besitz der Mischung zu verbieten. Auch wird geprüft, ob ein Verbot auch nach dem Arzneimittelgesetz oder dem Lebensmittelgesetz erlassen wird.

Teile der Konsumentenszene zweifeln die Laboruntersuchungen an, Verschwörungstheorien keimen auf. Nach Überzeugung eines "Spice"-Händlers ist das Verbot ideologisch motiviert: "Alle Drogen außer Alkohol und Nikotin werden in dieser Gesellschaft verboten." Nicht etwa die Politik der Drogenbeauftragten, sondern der Zuspruch, den "Spice" bei den Kunden erfahren habe, sei Ursache für den 2008 festgestellten Rückgang des Cannabis-Konsums. "Die Leute haben sich für die legale Alternative entschieden." Das Verbot werde "Spice"-Raucher wieder zu illegalen Kiffern machen.

Andere Shopbetreiber sehen die Schuld bei "Psyche Deli". Ein Händler aus Mitte sagt: "Wir sind auf ,Spice' reingefallen, jetzt lassen wir die Finger davon." Am Anfang habe man profitiert: "Es gab kein Produkt, das sich in so kurzer Zeit so gut verkauft hat." Bevor "Spice" Medienthema wurde, sei die Mischung eher ein Ladenhüter gewesen. Nach den jüngsten Analysen habe sich die Stimmung aber gewandelt: "Kein Shop will seinen Kunden irgendwelchen Mist verkaufen." Auf Alternativprodukte wie den "Spice"-Vorläufer "Sence" oder Kräutermischungen wie "Space", "Smoke" oder "Silent" will der Laden zunächst nicht zurückgreifen. Zunächst werde man das Verbot abwarten und schauen, "was da genau drinsteht". Schließlich wolle man sich keine Probleme einhandeln. "Wenn es aber eine Mischung gibt, die eine ähnliche Wirkung wie 'Spice' hat, aber nicht die problematischen Stoffe enthält, wäre die natürlich interessant für uns."

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